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Musiker Magazin 4/2017

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32 STORIES »Rapper sind

32 STORIES »Rapper sind für mich auch „Lieder macher“, da sie stark Persönliches verarbeiten, aber die Musik ist eine ganz andere.« LIEBER NISCHE ALS MAINSTREAM Interview mit Rainer Markus Wimmer MM: Dein neues Programm „Ihm ging es um die Kunst“ hat Anfang November Premiere gefeiert. Wie war der erste Konzertabend? Vor drei Jahren entschied sich Rainer Markus Wimmer, seinen Beruf aufzugeben und sich voll auf die Musik zu konzentrieren. Ein Neuling ist er aber nicht. Schon vor 25 Jahren erschien sein erstes Album „Liederlich“, danach folgten sechs weitere. Mit seinem aktuellsten Werk „Ihm ging es um die Kunst“ ist er nun auf Tour. RAINER MARKUS WIMMER: Sehr, sehr gut. Ich konnte das Publikum textlich und musikalisch in die Welt von Michael Ende mitnehmen, die man so nicht kennt. Das ist auch mein Anliegen, denn für mich war Michael Ende ein Universalgelehrter und kein Kinderbuchautor. Das scheint auch ge - lungen zu sein, wie die Gespräche nach der Pre - miere zeigten. „So haben wir Michael Ende noch gar nicht gekannt“ war der Tenor der Äußerungen. MM: Deine Auftritte sind schlicht und intim gehalten, du stehst nur mit Gitarre auf der Bühne. Wie wirkt sich das auf die Stimmung im Saal aus? musiker MAGAZIN 4/2017

STORIES 33 RMW: Meine Konzerte sind immer eine sehr persönliche Angelegenheit, was ich sehr schätze. Und das Publikum scheint es auch zu mögen, vielleicht als Kontrast zu den heute üblichen optischen und akustischen Reizüberflutungen. Ich glaube, ich bin auch der Typ dazu, sonst würde das nicht funktionieren. MM: Die Stücke sind Vertonungen von den Texten Michael Endes. Was begeistert dich an diesem Schriftsteller? RMW: Seine Geschichten und seine Person wurzeln in den Mythen und dem alten Wissen der Men schheit. Er hatte diesbezüglich ein immenses Wissen. Dieses Wissen, gepaart mit seiner Fan - tasie, ohne dabei den Bezug zur realen Welt zu verlieren, das ist einmalig und hat mich fasziniert. MM: Früher wurde Michael Ende als „Schrei- berling für Kinder“ kritisiert. Was sagst du zu diesem Einwand? Endivien Ich esse den Endivien Am liebsten mit der Vivien. Als meine Frau davon erfuhr, Sie aus der Haut, der ihren, fuhr. Nun lebt sie von mir separat Und ich, ich habe den Salat. prägt und bleibt. Und ich kann nur jedem empfehlen, diese alten Lieder auszugraben. Es wird eine Entdeckungsreise, das verspreche ich. MM: Du bist bereits seit Jahrzehnten als Musiker aktiv. 1982 erschien mit „Lieder lich“ dein erstes Album. Überrascht dich die Mu - sik industrie manchmal noch? RMW: Eher nicht, denn auch in der Musikindus trie – wie in allen anderen Bereichen auch – wird der leicht planbare Einheitskonsument geformt. Das ist leider ziemlich gut gelungen. Wenn man überall hört, es sei der beste Musikmix, der beste Hit - mix, der beste was weiß ich was, dann kann da was nicht stimmen. Denn den Besten gibt es nur einmal. Wenn man einen Superstar wählt, aber keiner der wirklichen Superstars je gewählt wurde, dann zeigt das die Perversion des Systems. Es gibt auch keine Musikredakteure mehr, ebenso wie es keine Maikäfer mehr gibt („Es gibt keine Maikäfer mehr“, ein altes Lied von Reinhard Mey). RMW: Da lässt man den Autor am besten selbst zu Wort kommen: „Man darf von jeder Tür aus in den literarischen Salon treten: aus der Gefängnis - tür, aus der Irrenhaustür oder aus der Bordelltür. Nur aus einer Tür darf man nicht kommen, aus der Kinderzimmertür.“ Und so zog er nach Italien, wo man toleranter war. Wenn ich richtig informiert bin, lesen seine Bücher mehr Erwachsene als Kinder. Aber wenn man mal in einer Schublade liegt, dann kommt man da nur schwer wieder heraus. Das zeigt auch die Tatsache, dass ich fast immer gefragt werde: „Ist das ein Programm für Kinder?“ MM: Dein neues Album beschäftigt sich nicht mit Klassikern wie „Jim Knopf“ oder „Die unendliche Geschichte“, sondern mit unbekannteren Werken von Ende. Wie hast du diese Stücke ausgesucht? RMW: Das war ein langer Prozess. Die Aussage von Michael Ende, dass die Welt des Nur-Be weis - baren, trotz seiner immensen Kompli ziertheit, letzten Endes einfach zu langweilig ist, hat mich, als naturwissenschaftlich ausgebildeten Men - schen, gereizt. Der eigentliche Ursprung aber lag in der Tatsache, dass ich Roman Hocke – der Michael-Ende-Kenner – schon sehr lange kenne. Er hat mich sowohl bei der Auswahl als auch bei der Programmstruktur sehr gut und umfänglich unterstützt. Ohne diese Beziehung wäre das Pro - gramm wahrscheinlich nie entstanden. MM: Wie lief die Vertonung der einzelnen Stücke ab? RMW: Die Vertonungen waren der Schlüssel zu diesem Programm. Hätten sie nicht überzeugt, wäre das ganze im Nichts verlaufen. Da ich mich schon einige Jahre kenne und schon einige Lieder geschrieben habe, war ich überrascht, wie mich die Melodien, die in den Texten liegen, geradezu angesprungen haben. Es war ein unglaubliches, fast schon mystisches Erlebnis. Ich war immer wieder überrascht über mich selber, was da alles herauskam. Vielleicht hat das alte Wissen diese Saiten in mir zum Schwingen gebracht. MM: Du bezeichnest dich als „Lieder macher“. Ein Ausdruck, den man heute nur noch selten hört. Wie würdest du das, was du machst, beschreiben? RMW: Heute sagt man wohl Singer-Songwriter. Aber das passt nicht für mich, wie ich meine, denn die sind zu unpolitisch und driften Richtung Schla ger ab. Rapper sind für mich auch „Lieder- macher“, da sie stark Persönliches verarbeiten, aber die Musik ist eine ganz andere. Das passt also auch nicht. Da bleibt für mich nur die Schub - lade Lieder macher, in der ich mich aber sehr wohl fühle und die meine Art der Musik am besten beschreibt. Ich lebe in dieser Nische besser als im Mainstream. MM: Als Vorbilder nennst du Ludwig Hirsch und Reinhard Mey. Inwiefern haben dich diese Künstler beeinflusst? RMW: Das war die Zeit, in der ich angefangen habe, Lieder zu schreiben. Das heißt der Anfag war eigentlich, deren Lieder nachzuspielen. Das MM: Erst vor drei Jahren hast du deinen Job gekündigt und wurdest zum Berufsmusiker. War das die richtige Entscheidung? RMW: Das war die absolut richtige Entscheidung, aber auch zum richtigen Zeitpunkt. Ich habe bis dahin in zwei Welten gelebt. Und in beiden habe ich mich wohlgefühlt. In der einen habe ich mein Leben finanziert – immer als Freiberufler, um Zeit für die Musik zu haben –, in der anderen habe ich gelebt. Jetzt mache ich beides in einer Welt. MM: Ist dein Musikeralltag jetzt so, wie du ihn dir vorgestellt hast? RMW: Im Großen und Ganzen schon, auch wenn das Organisieren und Akquirieren mehr Zeit in An - spruch nimmt, als man sich das vorgestellt hat. MM: Was sind deine Pläne für das nächste Jahr? RMW: 2018 wird ein Michael-Ende-Jahr, denn nach Ostern kommt der Film „Jim Knopf und Lukas und der Lokomotivführer“ in die Kinos. Da passt mein Programm „Ihm ging es um die Kunst“ sehr gut. Zurzeit fallen mir sehr viele neue Wimmerricks – Nonsenspoesie – ein, auch ein neuer Weih - nachts wimmerrick ist gerade im Druck (Postkarte). Mein erstes Buch heißt „Wimmerricks, Wort dis - sens im Konsens, Nonsens, Gedichte“. Vielleicht gibt es 2018 ein zweites. WEB: WIMMERX.DE INTERVIEW: JANA MOYSICH FOTOS: JÜRGEN RÖSNER, FOTOGRAFIE 4/2017 musiker MAGAZIN

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