34 STORIES vielleicht auch, weil meine Eltern es liebten und darauf tanzten. Mit 14 gründete ich die Girlie - band The Sunshinegirls. Wir coverten Songs, schrieben unsere eigenen Texte und begeisterten die Leute auf Veranstaltungen. Unsere Na mens ge - ber waren Herman’s Hermits mit ihrem Hit „Sun- shinegirl“. Es war eine unglaublich schöne Zeit. MM: Und wann? BUFFY: Manchmal auch nachts, wenn mich eine tolle Idee oder eine Textzeile aus den Federn springen lässt. Ich schreibe gerne im Bus und in der Bahn, da fällt mir immer was ein. Deshalb bei einer Schreibblockade – nix wie rein in die Bahn. MM: Welche Musik hat dich beeinflusst? BUFFY: Die Musik der Siebziger. Ich bin ein Fan von außergewöhnlichen Arrangements. Die Bee Gees waren damals für mich die Größten, aber auch Jimi Hendrix, die Stones, Beatles, Hollies, Tremeloes, eigentlich alle Bands und Interpreten in dieser Zeit. Eines meiner Lieblingslieder und Arrangements ist „Unchained Melody“ von den Righteous Brothers, vielen bekannt aus dem Film „Ghost – Nachricht von Sam“ mit Demi Moore und Patrick Swayze. Das Arrangement ist gigantisch und berührt mich immer wieder. Und „It’s all over now, baby blue“ von Them, da bekomme ich auch heute noch Gänsehaut. Ich bin froh, dass ich damals den Text nicht verstanden habe, meine romantischen Gefühle wären garantiert im Eimer gewesen. Jeder Song war damals ein Unikat, die Instrumente waren echt und die Stimmen auch. BUFFY: Was ging in dir vor, als du die Nomi - nierungen bekommen hast? BUFFY: Wow, das gibt’s doch nicht. Als ich die Songs eingereicht habe, dachte ich mir, kann ja nicht schaden. Dann war es erst mal raus aus meinem Kopf. Als der Brief mit den Nominie run - gen kam, war ich total platt und habe mich von Herzen über die Wertschätzung gefreut, die meine Musik bekommen hat. Die Preise haben mich total angespornt und dafür bin ich sehr, sehr dankbar. Und die Menschen in meiner Heimat und alle meine Freunde waren total aus dem Häuschen und haben sich mit mir gefreut. Ich finde die Arbeit, die Ole Seelenmeyer und sein Team seit 40 Jahren im Deutschen Rock & Pop Musikerverband e.V. machen, sensationell. Hier finden Musiker ein Zu hause und alles, was sie für ihren musikalischen Weg brauchen. Danke, lieber Ole! MM: Viele Singer-Songwriter schreiben trau - rige und nachdenkliche Songs, wenn sie in einer entsprechenden Situation sind. Ist das bei dir auch so? BUFFY: Bei mir ist es das Gegenteil. Es gibt Augen - blicke im Leben, wo die Sonne nicht scheint, man Trübsal bläst oder sich die Lebensfreude eine Auszeit nimmt. Dann schreibe ich lustige Songs – das ist ein Geschenk. Ich musste längere Zeit zum Zahnarzt, da ist mir das Lachen gründlich vergangen. Als ich meine Frau Ingrid fragte, ob sie mich auch ohne Zähne lieben würde, antwortete sie: „In der Liebe zählt kein Zahn“. Zack hatte ich einen Songtitel. Ich habe daraus einen fetzigen Rocksong gemacht. Jetzt lache ich fröhlich mit neuen Zähnen in den Tag. MM: Wie und wann entstehen Deine Songs? MM: Was planst du für die Zukunft? BUFFY: Meine Songs entstehen zusammen mit Text und Melodie. Wenn ich eine Idee oder ein Gefühl habe, nehme ich meine Gitarre, klampfe ein bisschen rum und das Lied wächst. Es ist wie ein Film, der dann abläuft – ich brauche nur noch die richtigen Worte zu finden und am Ende ist der Song eine Einheit. Beim Arrangieren und Pro du - zieren unterstützen mich meine Musiker kol legen Daniele Loritto, Martin Kleinert und Alexander Precht. Die Jungs sind großartig, sie sind immer für mich da und das bedeutet mir sehr viel. BUFFY: Ich möchte unbedingt eine CD produzieren mit eigenen Songs, so bunt wie eine ge mischte Tüte Bonbons. Ich bin sicher, wer meine Lieder hört, wird sagen: Typisch Buffy. Und ich werde mir auf meine alten Tage ein kleines Musikstudio einrichten. Darauf freue ich mich schon und bin gespannt, was dabei herauskommt. Ich genieße es, völlig losgelöst meine Musik machen zu können, ohne Druck, ohne irgendjemandem was be weisen zu müssen. Wenn 100 000 Menschen meine Musik nicht mögen, sie mich aber fröhlich www.musiker-online.tv
STORIES 35 »Wir müssen unsere Sprache pflegen, sonst geht sie uns ver loren. Und wir müssen uns massiv dafür einsetzen, dass deutsche Lieder im Radio gespielt werden. Wir zahlen ja wohl alle an die GEZ, oder?« und glücklich macht, bin ich auf der richtigen Seite. Meine Musik ist ja ein Teil von mir und die Lieder sind meine Lebensreise. MM: Welche Instrumente spielst du? BUFFY: Meine Spielmannszugfreundin Edel schenkte mir eines Tages ihre Gitarre. Von da an war ich eine begeisterte Klampferin. Auf Wanderungen, am Lagerfeuer, auf Festen, in der Kneipe kam die Gitarre zum Einsatz. Und waren die Gitarre und ich alleine, erzählten wir uns etwas, so entstanden eigene Songs. In der Lagerfeuerzeit hatte fast jeder von meinen Freunden eine Mundorgel, das kleine Liederbuch, das wir in unserer Jeans verstauen konnten und immer griffbereit war. Heute noch spiele und singe ich die alten Lieder, sie sind Teil unserer Kultur und von uns selbst. Gerade habe ich einen Mundorgelclub gegründet. Wann immer es möglich ist, ziehen wir los in die Natur und singen. Blockflöte spiele ich auch, aber das war nie mein Ding. Das Lied „Hans hat Hosen an und die sind bunt“ war das Einstiegslied in die Flöterei, ich weiß nicht, wie oft ich es üben musste. Das Keyboard ist für mich eine große Hilfe beim Komponieren und meine Mund - harmonika passt in jede Hosentasche. MM: Was war der emotionalste Moment in Verbindung mit deiner Musik? BUFFY: Gleich nach der Veröffentlichung von „Du bist der Mensch“ (38. Rock & Pop Preis 2020, Bester Popsong – 2. Preis ) schickte ich den Link an meine Freundin Pam in Australien. Sie schrieb mir, dass mein Freund Jerry, von dem ich lange nichts gehört hatte, sehr krank sei und im Hospital liege. Sie schickte den Link weiter an Jerrys Tochter. Zwei Tage später schrieb Pam, dass Jerry gestorben sei. Von seiner Tochter bekam ich einen Link, damit ich an der Trauerfeier per Livestream teilnehmen konnte. Am Tag der Trauerfeier stand ich morgens um drei auf und setzte mich vor meinen Laptop. Es war ein bewegender Abschied. Bilder aus seinem Leben, die an die Wand ge - beamt wurden, waren mit Musik untermalt. „Green, green grass of home“ von Tom Jones, „Because you loved me“ von Céline Dion, und dann dachte ich, mein Herz bleibt stehen. Mein Lied „Du bist der Mensch" erklang aus den Lautsprechern. Ich weinte, war unendlich traurig und empfand tiefe Dank barkeit. Kurz nach der Trauerfeier schrieb ich seiner Tochter und fragte, ob Jerry mein Lied noch gehört habe – sie schrieb zurück: „Yes, he did. I played it for him, just before he died.“ In dieser Nacht konnte ich nicht mehr schlafen, Bilder aus einer längst vergangenen Zeit waren wieder da. In der Sieb - zigern besuchte Jerry seine Oma in meinem kleinen Dorf Altenburschla. Er wollte ein paar Wochen bleiben, aber er blieb ein paar Jahre. Er fand Arbeit und Freunde. Sein Wunsch, noch einmal das kleine Dorf zu besuchen, seine alten Freunde zu sehen, erfüllte sich nicht. Aber er hörte noch einmal eine vertraute Stimme aus der Heimat – mein letzter Gruß an ihn. MM : Deutsche Musik im Radio? BUFFY: Deutsche Musik wird viel zu wenig in den öffentlich-rechtlichen Sendern gespielt. Ein Glück, dass es die Webradios gibt. So haben auch Musiker, die noch nicht so bekannt sind, eine Chance, gehört zu werden. Unsere Sprache gibt uns doch die Möglichkeit, uns wunderbar in Worten auszudrücken. Wir müssen unsere Sprache pflegen, sonst geht sie uns ver - loren. Und wir müssen uns massiv dafür einsetzen, dass deutsche Lieder im Radio gespielt werden. Wir zahlen ja wohl alle an die GEZ, oder? Und es ist der Kulturauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender, das deutsche Liedgut zu bewahren und zu fördern! INTERVIEW: LEONIE FÖRSTER | FOTOQUELLE: BUFFY WALLBORN 2/2022 musiker MAGAZIN
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