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Musiker Magazin 2/2022

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FESTIVAL: Deutscher Rock & Pop Preis 2022 – Plakat; Deutscher Rock & Pop Preis 2022 – Konzept STORIES: Lisa Fitz – Die renommierteste deutsche Kabarettistin und Trägerin des Bayerischen Verdienstordens; Rockenbolle – Die Cowboys aus der Hölle; TOKUNBO – »Golden Days«; David Beta – Seine Songs sind ein Mix aus Pop und Singer-Songwriter mit Hip-Hop-Einflüssen; ​Brennpunkt – Rockt dich mit authentischen deutschen Texten; EDELMEER – Zwei top-erfahrene Musiker mit Spaß und Hingabe für den deutschen Popschlager; Buffy Wallborn – (Ist) keine für eine Schublade; Die Geschichte von Epos; Ole Ohlendorff – Let The Good Times Roll; Die Historie der Rock- & Popmusik: Drei Pioniere: Alexis Korner, Cyril Davies, Graham Bond; Seyran – Ein musikalisches Gesamtpaket; Birds on Planes – Sie liefern eine energiegeladene Liveshow, bei der die Ohren Augen machen; Melissa Kross – Ich bin ein „Showgirl“ ; 25 Jahre Alfred Music Publishing GmbH RUBRIKEN: Musiker-News; Produkt-News; CD-Rezensionen; Titelschutzanzeigen; Kleinanzeigen; Impressum

24 STORIES TOKUNBO: Die

24 STORIES TOKUNBO: Die meisten Musiker*innen gehen mit der Erwartungshaltung in den Beruf, sich ausschließlich mit Musik zu beschäftigen, und erleben dann einen Schock, dass der Alltag, besonders als Indie-Künstler*in, von vielen, zum Teil kleinteiligen und oft lästigen Aufgaben bestimmt wird. Marketing ist dabei ein rotes Tuch für viele. Sieht man darin jedoch die Möglichkeit, mit dem Publikum in Kontakt zu kommen, und be - trachtet man den Beruf in der Gesamtheit seiner Facetten auch als Business, kann man in vielen Teilbereichen Möglichkeiten für Kreativität entdecken. Mir gefällt dabei der amerikanische Be - griff „Musicpreneur“, bei dem man sich als Unter - nehmer*in wahrnimmt und nach kreativen Lö - sungen und ganz individuellen Wegen sucht, oft auch jenseits der Konventionen der Musik in - dustrie. Social-Media-Berater und Videografen besteht. Ich supervisiere allerdings so gut wie alle Be - reiche selbst, bin also selbst meine Produkt ma - nagerin und führe alle Fäden zusammen. Da durch bleibe ich auch an kleineren Aufgaben hängen. In Teilbereichen steuere ich dagegen, indem ich mit Assistenzen arbeite – etwas, das ich unbedingt weiter ausbauen möchte. Es braucht manchmal den Mut und die Weitsicht zu verstehen, dass mit einer Assistenz Kräfte und Re ssour cen wieder frei werden. Und auch, wenn ich weiß, wie wichtig es ist, sich Auszeiten oder Orte als Ausgleich zur Ar beit zu schaffen, die in unserem Metier niemals ruht, fällt das schwer. Insbesondere mit Familie kann man den Kalender nicht bis ans Limit füllen. Und auch sonst sollte man Regenerie rungs pha sen einplanen, um den Beruf möglichst lange ausüben zu können. Natürlich fällt das Musiker*innen unterschiedlich leicht oder schwer, aber neben Tools, die ganz praktisch den vielseitig fordernden Alltag erleichtern, gibt es inzwischen auch zahlreiche Möglich - keiten der Vernetzung und der gegenseitigen Un - terstützung und Motivation in Online-Communities wie der Raketerei, einer Community speziell für Musikerinnen. MM: Als unabhängige Künstlerin sind viele Bereiche abzudecken, viele Künstler leiden früher oder später an Burn-out. Ist dir das auch schon passiert? Bist du eine Künst lerin, die alles selber macht oder arbeitest du mit einem Team? TOKUNBO: Leichte Burn-outs habe ich auch schon erlebt, unabhängig davon, ob ich in einem größeren Team oder im Alleingang gearbeitet habe. Selbst im Major-Label-Kontext habe ich schon am Burn-out gekratzt. Sobald man eine konkrete Vision für seine Kunst hat, steht so viel auf dem Spiel, das man schützen möchte, dass es nicht leichtfällt, die Kontrolle abzugeben. Hinzu kommt die Gewohn - heit, vieles in den Anfängen allein zu wuppen – da den Moment zu finden, Aufgaben abzugeben, ist schwer. Um loslassen zu können, ist das richtige Team entscheidend. Menschen, die wirklich Arbeit ab - nehmen, die proaktiv, effizient und professionell sind und nicht zusätzliche Arbeit verursachen. Und, die vor allem deine Künstler*innen-Identität im Blick haben und ihr zuarbeiten. MM: Du hast die Pandemie genutzt, um an deinem dritten Solo-Album „Golden Days“ zu arbeiten. Wie hast du es geschafft, trotz Betreuungsengpass dennoch dein Album zu schreiben und zu produzieren? TOKUNBO: Mit der Geburt unseres Sohnes waren die Zeitfenster für das kreative Arbeiten sehr klein, und so habe ich mich schon vor Jahren dahin trainiert, auf Knopfdruck kreativ zu sein. Diese Fertigkeit kam mir in der Pandemie-Situation zugute. Wann immer es möglich war, bin ich in unser Gartenhäuschen gegangen und habe an meinen Songentwürfen gearbeitet. Manchmal bis spät in die Nacht mit einem Feuer im kleinen Kamin und der Vision im Kopf, dass ich am Ende des Tunnels mit einem Album herauskommen möchte, meinem persönlichen Soundtrack für diese herausfordernde Zeit. Später, als es wieder möglich war, sich mit mehreren Haushalten zu treffen, habe ich mit meinen beiden Poduzenten Ulrich Rode (Gitarre) und Matthias „Maze“ Meusel (Schlagzeug) die Songs zu Ende geschrieben und das Album in Etappen mit ihnen produziert. Beide sind großartige Songwriter und Arrangeure und verstehen es, meine Sweetspots ins Licht zu rücken. Der Unterstützung meiner Band, zu der neben Ulrich und Matthias auch der Bassist Christian Flohr und die Multi-Instrumentalistin Anne de Wolff gehören, verdanke ich, dass die Album-Pro duk - tion schließlich in großen Schritten vorangegangen ist. In den Veröffentlichungsphasen vergrößere ich mein Team, das dann neben der Band und unserem Toningenieur auch aus der Fotografin, Grafi - ke rin, PR-Texter*innen, Promoter*innen, einem MM: Du hast in der Pandemie auch die Ini - tiative #AirplayForArtists mit ins Leben ge - rufen. Was hat es damit auf sich, und welche Erfolge konntet ihr erzielen?

STORIES 25 »Mir gefällt der amerikanische Be griff „Musicpreneur“, bei dem man sich als Unter nehmer*in wahrnimmt und nach kreativen Lö sungen und ganz individuellen Wegen sucht, oft auch jenseits der Konventionen der Musikindustrie.« TOKUNBO: Als sich abzeichnete, dass wir es mit einer längeren Phase ohne Auftritte zu tun haben würden, haben zwei befreundete Musiker kolle gen von der Band THE BROTHERS und ich die Ini tia - tive #AirplayForArtists ins Leben gerufen. Mit einem offenen Brief haben wir an die Radiostationen Deutschlands appelliert, in der Zeit der Auf tritts - verbote vermehrt Musik unabhängiger Künst - ler*innen zu spielen, um so über die ausgeschütteten GEMA-Tantiemen einen kleinen Ausgleich zu schaffen. Es haben sich in kurzer Zeit über 80 Musiker*innen angeschlossen und den Brief mitunterzeichnet. Von den Radiostationen bekamen wir viel Re - sonanz: Freie Radiostationen und Bürgerradios featurten in Sondersendungen lokale Musi - ker*innen und wir kamen ins Gespräch mit den Kulturradios, die ohnehin eine vielseitige Song - auswahl präsentieren. Von den Mainstream- Radio stationen hätten wir uns eine breitere Un - ter stützung gewünscht. Ihr Publikum brauche gerade jetzt nur Musik, die es kenne, hieß es. Da fehlte zum Teil leider das Verständnis dafür, dass es um die tatsächliche Existenz unabhängiger Künstler*innen und um den Erhalt der Vielfalt der Musiklandschaft ging und im Zuge dessen dem Publikum vielleicht doch auch unbekanntere Künstler*innen zugemutet werden könnten. Wir hätten diese Arbeit gerne weiter fortgesetzt, weitere Aktionen geplant und noch viel mehr Musi - ker*innen eingeladen, dabei zu sein. Da die Arbeit ehrenamtlich war, mussten wir jedoch irgendwann die Entscheidung zu zugunsten der Weiter ent - wick lung eigener Projekte fällen. INTERVIEW: LEONIE FÖRSTER FOTOS: © ANNE DE WOLFF 2/2022 musiker MAGAZIN