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Musiker Magazin 2/2018

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S. 09: Deutscher Rock & Pop Preis 2017 – Presserückblick • S. 13: Deutscher Rock & Pop Preis 2018 – Anmeldung • S. 16: DAREMO – Popmusik gegen die Norm • S. 20: Interview mit Uwe Koch • S. 22: Anja Lerch – Wenn Hunderte gemeinsam singen, ist dies ein heilsames Erlebnis • S. 24: falb – Heavypop at its best • S. 31: Jaywalk machen mit ihrem Alternative-Rock ordentlich Rabatz • S. 34: Alina Sebastian – „Angst hatte ich nie“ • S. 38: BST – Technik zu deiner Idee • S. 42: Die Historie der Rock- & Popmusik: Teil 11: Ray Davies und The KINKS • S. 48: Acarina ist ein echtes „Ösigirl“ – und stolz darauf • S. 50: Interview mit Stefanie Black • S. 52: Haifische in der Musikbranche: Dirk Föhrs, der Eduard Schnitzler des „Schwarzen Kanals“ der Bluesmusik … • S. 54: Produkt-News • S. 60: CD-Rezensionen • S. 64: Titelschutzanzeigen • S. 65: Kleinanzeigen • S. 66: Impressum

44 STORIES zeichnet,

44 STORIES zeichnet, möchte Arthur aufgeben und nach Australien fliehen. Der kommerzielle Erfolg des Albums blieb aus, wie es schon mit dem Vor - gänger „The Kinks Are the Village Green Pre - servation Society“ (1968) geschehen war. Nur der parallel als Single veröffentlichte Song „Victoria“ wurde mit seiner exquisiten Rock - qualität und seinem vorzüglichen Text ein mittlerer Hit. Schon vom Ansatz der Story her fehlte „Arthur“ der Glamour, den Pete Townsend und The Who mit der Rockoper „Tommy“ aus dem Jahr 1969 verbanden und damit den Grundstein legte, dass „Tommy“ bis in die jüngere Vergangenheit aufgeführt wurde. Ken Russel hatte „Tommy“ 1975 sogar erfolgreich mit Sänger Roger Daltrey in der Titelrolle verfilmt. „Arthur“ sollte auch verfilmt werden, für das britische Fernsehen zeitnah nach der Ver - öffentlichung des Albums. Das Projekt zerschlug sich jedoch nach einem Zerwürfnis mit dem Sender. Mit „Lola Versus Powerman and the Money - ground, Part One“ vollzogen die Kinks musikalisch eine Hinwendung zu mehr US-amerikanisch gefärbter Rockmusik. Die beiden daraus ausgekoppelten Hitsingles „Lola“ und „Apeman“ sind davon aber noch nicht betroffen. „Lola“ dürfte wohl der bekannteste Kinks-Hit sein und gehörte bis in die 1990er-Jahre zum festen Re pertoire der Kinks-Auftritte. 1970 war Ray Davies’ Text über die Begegnung des Ich- Erzählers mit einem Transvestiten gewagt. Die BBC wollte den Song auf den Index setzen – allerdings wegen verbotener Schleichwerbung für die Marke Coca Cola. Ray Davies ersetzte deswegen aus der Zeile „where you drink champagne and it tastes just like Coca-Cola“ den Getränkenamen für die Single-Veröffent - lichung durch „Cherry Cola“. 2007 aber untermalte „Lola“ einen Coca-Cola-Werbespot. 1971 endete der Vertrag der Kinks mit ihrem bisherigen Label Pye. Zuletzt erschien dort der Soundtrack zu dem künstlerisch unbedeutenden Film „Percy“, der sich um eine Penis- Transplantation dreht. Einige Stücke von Ray Davies sind durchaus überzeugend, aber die Instrumentalnummern des Albums, die schließlich Programmmusik für den Film sind, wirken wenig überzeugend. Nach dem Wechsel zum Label RCA kam 1971 die LP „Muswell Hillbillies“ heraus – be nannt nach dem Londoner Stadtteil Muswell Hill, aus dem die Gebrüder Davies stammen. Sie zählt zu besten Kinks-Alben. Ray Davies war offenbar vom modernen britischen Alltags - leben frustriert und nahm es mit seinen spannenden Songs, die musikalisch dem Blues, Country und Rock verpflichtet sind, ist, scharf unter die Lupe. Gleich mit dem ersten Titel „20th Century Man“ geht er mit der Gegenwart hart ins Gericht, passenderweise gefolgt von dem „Acute Schizophrenia Paranoia Blues“. Sie ist für ihn das „age of insanity“, und auch den modernen Wohlfahrtsstaat hält er für alles andere als verlockend: „I was born in a welfare state/Ruled by bureaucracy/Controlled by civil servants/And people dressed in grey/Got no privacy got no liberty/’Cause the twentieth century people/Took it all away from me.“ Ray Davies wollte seine Musik allerdings effekt voller auf die Bühne bringen. Erste An - zeichen dafür waren auf dem aus Studio- und Live-Aufnahmen bestehenden Doppel-Album „Everybody’s in Show-Biz“ (1972) auszumachen. Daraus sticht Ray Davies’ anrührendes Stück „Celluloid Heroes“ über die Missstände »Ray Davies’ schöpferische Qualitäten sind an den Ladentischen der Plattengeschäfte nicht immer gewürdigt worden. Bis 1970 landeten die Kinks mit Songs aus seiner Feder allerdings eine beachtliche Anzahl von Hits, nach „You Really Got Me“ allen voran „Sunny After noon“ von 1965. Für die damalige musiker MAGAZIN 2/2018

STORIES 45 Rollen, während seine Band-Kollegen kaum mehr als Staffage waren und sie, allen voran Bruder Dave, immer unzufriedener wurden. Darunter litt die musikalische Qualität, der frühere Biss fehlte, es zog sogar eine gewisse Ba - nalität ein. In der Rockoper „Preservation Act 1 and 2“ spielte der stark geschminkte Ray Davies sein Alter Ego Mr. Flash. Der Nachfolger „Soap Opera“ nahm durchaus gelungen das US-TV-Format aufs Korn. Mit „School boys in Disgrace“ von 1975 unternahm Davies quasi einen Rückblick auf die Jugend von Mr. Flash aus „Preservation Act 1 and 2“. Dafür traten die Kinks in britischen Schuluniformen auf, wobei Drummer Avory sich wie ein Schüler züchtigen lassen musste. Die Musik auf „School boys in Disgrace“ wurde allerdings wieder rockiger und ließ endlich wieder Dave Davies’ Brillanz als Rockgitarrist erkennen. Als solcher schien er vor allem in „Preservation Act 1 and 2“ kaum noch einen Platz gehabt zu haben und fühlte sich deswegen ausgegrenzt. „Schoolboys in Disgrace“ gewinnt eindeutig durch einige Songs im beliebten Kinks-Stil, darunter das ausgezeichnete Stück „The Hard Track“, das die Kinks fortan häufig live spielten. Es war an der Zeit, sich auf den ursprünglichen Charakter der Band rückzubesinnen und die Kinks-Fans wieder für sich zu gewinnen. Ray Davies’ Plan, „Schoolboys in Disgrace“ thematisch mit einer weiteren Rockoper fortzusetzen, wurde nicht mehr realisiert. Blütezeit des Beat ist „Sunny Afternoon“ absolut ungewöhnlich, traf aber international einen Nerv – so dauerhaft, dass unter diesem Titel über die Geschichte der Kinks und ihre Musik in den 1960er-Jahren seit 2014 Jon Penhalls Musical mit Ray Davies’ Musik erfolgreich im Londoner im Filmgeschäft mit einem wunderbaren Text und einer ebenbürtigen Musik hervor. In die britischen Hitparaden gelangte aber nur der schön rockende Song „Supersonic Rocket Ship“. Kinks-Auftritte gestaltete Davies wie Theaterauftritte. Die Band wurde aufgestockt mit Bläsern und Background-Sängern, und das Ganze geriet zu einem zirkusartigen Unter neh - men. Dies fiel in die Zeit, in der Ray Davies’ Ehe mit seiner Frau Rasa in die Brüche ging und ihn, zusammen mit Drogen- und Alkohol pro ble men, 1973 in eine persönliche Krise stürzte, zumal er damit scheiterte, das Sorgerecht für die aus dieser Ehe stammenden beiden Töchter zu erhalten. In dieser Krise wies er sich nach einem Auftritt und noch geschminkt selbst ins Kran - ken haus ein, weil er sich am Ende fühlte. Die Kinks-Alben, die von 1973 bis 1975 nach „Everybody’s in Show-Biz“ erschienen, waren eher Soloalben von Ray Davies. Er spielte Die Kinks wechselten zum Label Arista, bei dem sie von „Sleepwalker“ (1977) bis „Word of Mouth“ (1984) acht Alben herausbrachten, und sie formierten sich wieder als Rockband, die Konzerthallen füllte. Die Arista-Alben sind durchweg hörenswert und abwechslungsreiche Alben mit einer Fülle ausgezeichneter Stücke, die auf „Give the People What They Want“ (1981) dem Punk verbunden waren. Wie gut die Kinks als Live-Band und Ray Davies als Per former waren, hielt das Doppelalbum „One For the Road“ (1980) fest, zu dem auch mittlerweile eine gleichnamige DVD erhältlich ist. „One For the Road“ ist Rockmusik und Spiel - freude pur! Schade, dass bislang nicht auch der Auftritt der Kinks in Rockpalast Nacht vom 3./4. April 1982 auf DVD oder Blu-ray erschienen ist. Denn wie es bei so vielen Rockpalast-Auftritten der Fall ist, bietet auch dieses Konzert Musik vom Feinsten. Aber Konzertmitschnitte der Kinks auf DVDs sind bedauerlicherweise Mangel ware. Zur Zeit des Rockpalast-Auftritts bestand die Band aus den Gebrüdern Davies, Jim Rodford (Bass), Ian Gibbons (Keyboards) und Bon Henrit (Drums). Abgesehen von der Wiederver öffent - lichung von „Lola“ (1980) und von „Come West End läuft.« 8 2/2018 musiker MAGAZIN

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