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Musiker Magazin 1/2021

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Das Musiker Magazin berichtet über aktuelle Themen der Rock- und Pop-Musikszene, veröffentlicht Fakten und Hintergründe und gibt Tipps und Ratschläge für die professionelle und semi-professionelle Musikszene in Deutschland. FESTIVAL: Deutscher Rock & Pop Preis 2021 – Anmeldung STORIES: Lena Hauptmann – Ihre Songs grooven, fließen und bewegen • BIRD’S VIEW – Jazzakkorde, krumme Taktarten und ein fetter Sound sorgen für originelle Songs • Sascha Salvati – »Künstler müssen einfach mehr zum Unter nehmer werden« • Chris Brandon – EingängigePopsongs, ein Schuss Rhythm and Blues und eine markante Stimme, die vor Energie sprüht • SPY # ROW – Eine neue Ära des Hard Rocks • In den Fängen der roten Ideologen • ZZ Top – That Little Ol’ Band From Texas • DISLIKE SILENCE – Mit einem Knall traten sie 2019 ins Rampenlicht • The Beatles Beat Band – 47 Jahre im Dienst der Pilzköpfe MUSIKBUSINESS: The Singer’s Coach von LeeZa Nail – Teil 1: VOCAL SKILLS • Nur intelligente Einzelkämpfer überleben RUBRIKEN: Musiker-News• CD-Rezensionen• Titelschutzanzeigen• Produkt-News • Kleinanzeigen • Impressum

50 REZENSIONEN BASTIAN

50 REZENSIONEN BASTIAN KORN »Held« „Authentische und ehrliche Stücke mit deutschem Text, die aus dem bewegten Leben des waschechten Musik-Malochers erzählen.“ Bastian Korn ist sich selber den Nachteilen von Klischees zwar vollends bewusst, kommt bei der Beschrei - bung seiner Karriere aber kaum umhin, sich solcher zu be - dienen. Ein waschechtes Ruhrpottkind inklusive Schloten, Feinstaub, Feierabendbier und Kleingarten, das sich über seine erste Ukulele und gemeinsam mit seinem Schlagzeug spielenden Zwillingsbruder über die Bühnen der Region ins Rampenlicht spielte. Gemeinsam mit diversen Koryphäen der Ruhrpottszene wie dem Rockpalast-Gründer Peter Rüchel tourte er über die Bühnen der Republik, seit einigen Jahren arbeitet Bastian Korn nun mit dem Produzenten Wolfgang Stach zusammen. Die beiden bilden ein exzellentes Produzenten- und Songwriting-Duo, das die neue Musik in die Welt bringt. Die 2019 erschienene EP „Held“ bietet dem Hörer tiefgehenden, aber trotzdem eingängigen und leicht melancholischen deutschsprachigen Pop – und zwar ganz ohne den so oft zu erlebenden negativen Beigeschmack flacher Texte und billiger Arrangements. Hier wirken zwei Profis zusammen an ausgefeilten Stücken, ohne jedoch den Fehler zu begehen, den Drive der Lieder durch Sperrigkeit zu behindern. Eine erfrischend lockere Angelegenheit, ohne verkrampft und flach zu wirken. bastiankorn.de P.S. INGO HÖRICHT »Deep Blue« Der studierte Violinist Ingo Höricht ist Kennern nicht nur durch sein spielerisches Talent bekannt, sondern auch durch seine kompositorischen Fähigkeiten, die er mit Projekten wie Mellow Melange oder dem Schné Ensemble immer wieder unter Beweis gestellt hat. Mit „Deep Blue“ ist nun kürzlich unter seinem eigenen Namen ein neues Album erschienen, auf dem Höricht und sein Ensemble sich wieder einmal Hörichts großem Steckenpferd, ja seiner gar nicht so heimlichen Liebe widmen: der Kammermusik. 16 Stücke bzw. Arrangements erwarten den Hörer auf „Deep Blue“ und sie geben einen tiefen Einblick in die Vielfältigkeit in Hörichts Werk und seine unorthodoxe Stilmischung. Vom Piano-Solo über das Trio aus Klarinette, Cello und Klavier bis hin zum Streichquartett sind so gut wie alle denkbaren Besetzungen zu finden. Auch die Stimmung der einzelnen Stücke reicht von ruhigen und andächtigen, vom „Nordic Jazz“ inspirierten Stücken (die an moderne Interpreten wie Jan Garbarek oder Ketil Björnstad erinnern) bis hin zu feurigen Kom positionen, in denen osteuropäische Klassik, Jazz und Folk aus Südeuropa und dem Balkan zu verschmelzen scheinen. Ingo Höricht und seinen Mitmusiker*innen ist mit „Deep Blue“ ein absoluter Geheimtipp gelungen für diejenigen, die gerne über den Deckelrand von Klassik und Kammermusik hinausschauen – einem Genre, in dem die Scheuklappen bisweilen oft noch sehr hoch gezogen werden. www.ingo-hoericht.de P.S. ANDY SUSEMIHL »Alienation« Wo beginnt man, all die Kollaborationen des Tausendsasas Andy Susemihl aufzuzählen? Nachdem er mit zwölf Jahren die Gitarre erstmals bespielte, folgten erfolgreiche Jahre mit den Größten aus dem Rock-Geschäft. Um nur einige zu nennen – sie heißen Sinner, Udo Dirkschneider, Richie Kotzen (Poison, Mr. Big) und Rafael Moreira (Pink). Andy lebte mal in L.A., mal in deutschen Landen – immer wieder auf Live-Shows mit verschiedenen Projekten und als hoch angesehener Studiomusiker unterwegs. Er veröffentlichte zahlreiche Alben, so zum Beispiel unter eigenem Namen ein deutschsprachiges Album sowie ein Instrumentalalbum, und er machte Aus flüge in die Country-Musik. Mit „Alienation“ beschreitet Susemihl wieder seine Roots – mit elektrifizierten Saiten - klängen – irgendwo zwischen melodischem Power-Rock und solidem Metal. Seine Songwriter-Qualitäten strahlen in jedem der zwölf Songs. Die Stimmung ist beim Titel „Aliens“ ganz nah an der kalifornischen Küste angekommen, bildlich gesprochen. Modern wie die Winery Dogs und eingängig wie der früher rockige Bryan Adams. Eine veritable Ballade bester Tradition ist „Billion Dollar Light Show“. „Top Of The World“ ist ein Titel, der selbstredend da hindeutet, wo sein Protagonist hingehört. Kollaborationen kommen und gehen. Es bleiben die Gitarre und ehrliche, schweißgetränkte Musik von echten Rockmusikern. Von der Sorte eines Andy Susemihl. www.andysusemihl.com C.S. KINDERMUSIK / VARIOUS ARTISTS »42 starke Kinderlieder für eine bessere Welt« Eine illustre Ansammlung von Kindermusiker*innen versammelt sich auf „42 starke Kinderlieder für eine bessere Welt“ zum Stelldichein. 42? Da war doch mal was. Genau: Laut dem Kultbuch „Per Anhalter durch die Galaxis“ ist dies die Antwort auf alle Fragen der Welt, nach dem Sinn des Lebens. Nun will diese Compilation mitnichten so tun, als könnte oder wollte sie Kindern erzählen, wie die Welt funktioniert und was sie denken sollen. Stattdessen werden den (zumeist wohl eher jungen Hörer*innen) hier spielerisch vielfältige Themen rund um das Leben, die Welt und das Zusammen leben präsentiert. Songs wie „Viva Wasser“ zum Thema Wasser ge - brauch, „Wie schön, dass jeder anders ist“ zur Vielfalt oder „Mobbing ist nicht mein Ding“ sollen auf altersgerechte Art zum Denken anregen – und selbstverständlich auch ohne den textlichen Rahmen musikalisch genießbar sein, es geht ja schließlich um Musik. So tummeln sich auf „42 starke Kinderlieder für eine bessere Welt“ daher vor allem lustige, fröhliche, positive, tanzbare und aufgeweckte Lieder, die einiges an Stimmung ins Kinderzimmer, in den Kindergarten oder auf den Spielplatz bringen sollten. Musikalisch gibt es nichts zu meckern: Quasi die gesamte infrage kommende musikalische Palette wird abgedeckt, der Produktions standard und das musikalische Handwerk sind durchgehend auf einem hohen Niveau. Ein weiterer Beweis, dass Kindermusik per se kein einfältiger, simpler Einheitsbrei sein muss, der Kinder unterfordert – so viel darf man Kindern schon zumuten. www.kindermusik.de P.S. DIFFERENT IMAGE PROJECT »Freedom« Als Gewinner in der Sparte beste Progressive Band 2019 präsentieren DIFFERENT IMAGE PROJECT nach dreijähriger Arbeit ihr neues Album „Freedom“. Die Preisträger der Deut - schen PopStiftung wissen mit einer sauberen Pro duktion zu begeistern. Die Musiker um Jorge Klapproth haben ab - wechslungsreiche Arrangements aus Heavy Riffing, verträumten, harmonischen Melodien und orchestralen Synthie- Läufen konstruiert. In ihrer Heimat Hückelhoven, zwischen Aachen und Mönchengladbach und im gesamten WDR2- Gebiet wurden sie von den Hörern dieses Radiosenders als „Beste Band im Westen“ ausgemacht. Neben kernigen Rock-Nummern mit heavy Shredding in „Guilty“ überrascht ein klassisch anmutender Chorgesang in „Freedom“. Stimm - lich zu überzeugen weiß Ruth Klapproth, die auch die Keys bedient, genauso wie Jorge. So erwarb der Sänger auch die Auszeichnung „Bester Rocksänger“. Weiter sammelte die musiker MAGAZIN 1/2021

REZENSIONEN 51 Band die Auszeichnung „Bestes Arrangement“, „Bester Popsong“ sowie „Bestes Video“. Nach all den Auszeich nun - gen meint Jorge Klapproth zu seiner Intention hinter der Musik: „Die Musik muss ins Herz treffen. (...) Mal mitreißend, mal melancholisch, mal aufrührend, mal nachdenklich. Aber immer mit einem hohen Wiedererkennungswert und voller Spannungen.“ www.cmc-eclipse.de C.S. JESTER’S TEARS »Perception« Die Ursprünge von JESTER’S TEARS, einfünfköpfiges Pro - gressive-Metal-Projekt, gehen bis auf das Jahr 1992 zurück. Damals war die Idee geboren, einen Song zum Bandnamen zu machen, nachdem ihn Tobias Dorner und Vokalist Dimitrios Tsiktes aufgenommen hatten. Der Gitarrist und der Vokalist suchten sich in den folgenden Jahren Musiker, die schließlich 1995 als JESTER’S TEARS ihr erstes Demo aufnahmen. 1996 erschien das selbstbetitelte Album, das mit einem internationalen positiven Feedback bedacht wurde. Die Alben „Re flections“ und „Illusion“ erschienen. Schließlich begann man nach langer Pause 2018 mit dem Songwriting für „Perception“. Die Band meldet sich gestärkt mit orchestralem und melodiösem Metal zurück, der sich mit den Genre - größen messen lassen kann. Kompositorisch und instrumental versiert, handelt es sich um ganz große Metal- Schmiede. Das Quintett bewegt sich lyrisch zwischen dem Ursprung der Gefühle, der Wahrnehmung, Traumata, Schöpfen positiver Energie und Zuversicht. Und dies im Kontext unserer pandemischen Lage. Das Gitarren-Riffing ist spektakulär und der Gesang erinnert an die Kolorationen der „Helloween Shouter“. Die Power erinnert an Mystic Prophecy, auch eine Metal-Manufaktur, die international Beachtung findet. Mit Power und energiegeladenem Tempo überzeugt der Song „Scream Into Darkness“, eine Anspielung auf das postfaktische Zeitalter und eine Warnung an die Leichtgläubigkeit ist „Critical Thinking“. JESTER’S TEARS lassen wieder aufhorchen, mehr als je zuvor! www.jesters-tears.de C.S. WECHSELSTROM »Liquid« „Zwischenkieferknochen, Hinterhauptknochen, Brust knochen“ … „Eigentlich schön, Knochen“. Der „Fluid Control – Processing Text“ dauert 21 Minuten und 20 Sekunden und nimmt somit über ein Drittel der Spieldauer von Christoph Theilers CD „Liquid“ ein. Die Klanginstallation aus Stimmen – mal übereinanderlappend, mal einzeln und klar verständlich – und Geräuschen, die sich zeitweise zu einer Art Beat zusammenfinden, ist auf alle Fälle ein ungewöhnlicher Album- Auftakt. Ungewöhnlich für nichteingeweihte Hörer*innen, nicht so ungewöhnlich aber für den Kom po nisten Christoph Theiler, der nicht nur Kammermusik und Orchesterwerke komponiert, sondern auch elektronische Musik und Klanginstal lationen im Bereich Multimedia. Aufschluss über die Entstehungs weisen der einzelnen Tracks gibt ein Besuch auf der Website: Alle Tracks sind selbstverständlich elektronisch entstanden, „Click and Error“ mit Analogschalter-Sounds, „Beep and Error“ aus Warnsignalen, „HF-114“ aus Hochfrequenzinter - ferenzen mit 4- bis 6-MW-Sendern. Der genannte Track „Fluid Control – Processing Text“ ist aus Aufnahmen von Per for mances in Wien, Glasgow, Wroclaw und Linz zusammengesetzt. In diesem Kontext sollte man Theilers Klang - installation auch hören; die Sound-Stücke, die er schafft, üben zwar ohne Kontext eine ziemliche Faszination aus, sind aber definitiv nicht einfach mal als leichte Unterhaltung nebenbei zu hören. Kombiniert mit Lichtdesign, Performances oder anderen Kunstformen und im Kontext eines Live-Events entfalten sie wahrscheinlich erst ihr volles Potenzial. www.wechsel-strom.net L.K. FARYNA »Sicher im Straßenverkehr« „Diese Melodie, die vergisst du nie“ singt Sängerin Faryna auf „Hallo ihr Leut’“, dem ersten Lied ihrer CD „Sicher im Straßenverkehr“. Damit trifft sie genau ins Schwarze, denn die Melodie brennt sich ein. Verkehrsregeln können Spaß machen und bleiben viel besser im Gedächtnis, wenn man sie mit eingängigen Melodien verbindet. Faryna wiederholt die Regeln nicht einfach nur, sondern baut sie in lebensnahe Geschichten aus dem Alltag ein, sodass sich die Inhalte leicht auf die Lebenswelt der jungen Zuhörerinnen und Zuhörer übertragen lassen. Die Reime dürfen dabei ruhig einfach sein: „Rot heißt stehen, Grün heißt gehen.“ Das Thema Straßenverkehr wird auch in 15 Songs nicht langweilig, denn es gibt mehr zu erklären, als man denken könnte. „Was brauche ich am Fahrrad?“ oder „Was passiert eigentlich in der Waschstraße?“ Die Musik ist lebensfroh gestaltet, Farynas singt klar und immer gut verständlich. Einige ihrer Songs beruhen auf bekannten Melodien wie „Zur Schule fahr ich mit dem Rad“ („Von den blauen Bergen kommen wir“), andere sind nach dem Call-and- Response-Prinzip gestaltet. Beide kommen bei den Mitmach- Konzerten, die Faryna regelmäßig veranstaltet, bei den Kindern bestimmt gut an. Manche Beats sind richtiggehend funkig („Ist deine Kleidung hell, sieht man dich schnell“, „Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm“ oder „Was brauche ich am Fahrrad?“), auf anderen Tracks ist die musikalische Begleitung mit Akustik-Gitarre klassisch gestaltet. Neben den Straßenregeln stehen Bewegung und Mitmachen im Fokus. Die Kinder werden animiert, mitzuspringen, mitzutanzen und mitzusingen. So geht Faryna ganz nebenbei ein anderes wichtiges Thema an, das in der Schule und zu Hause manchmal zu kurz kommt. www.faryna-musik.de L.K. LOOPAHEAD »Approaches JJ Cale« LOOPAHEAD haben es wieder getan. Diesmal haben Udo Lummer (guit., voc., diverse instr.), Paul Gerhard Lange (bass guit.) und Uli Twelker (drums) weniger geloopt. Der Titel beschreibt es eindeutig: „Approaches JJ Cale“ ist ein Tribut an einen der herausragendsten Künstler der Rock- und Blues- Geschichte. LOOPAHEAD zitieren Eric Clapton („The God“), der gern wie Jay Jay sein wollte. Das Trio um Udo Lummer war 2017 Preisträger beim Deutschen Rock und Pop Preis (Beste Experimentalband, 2. Platz Revival-/Coverband) und trifft den Relax-Sound wie den berühmten Nagel auf den Kopf. Die Geschichten um billige Frauen, verehrte Frauen, verrückte Frauen und das „Land Of The Free“ erzählt das Trio gekonnt und mit dem Spielwitz, der in jedem Solo zu fühlen ist. Die großen Hits „Cocaine“ oder „Call Me The Breeze“ fehlen zwar, dafür sind 18 (!) Songs auf diese Pro - duktion gepresst, die sonst keine Wünsche offen lässt. „Since You Said Goodbye“ klingt wie ein würdiger Abschied für den 2013 verstorbenen John Weldon JJ Cale. So liebevoll, detailverliebt und entspannt hat sich selten eine Tribut- Platte angehört. www.loopahead.de C.S. GREEN WAVE »Stolen Dreams In Nearby Lost & Found« Es soll also das letzte GREEN-WAVE-Album sein, meint Rainer Wahlmann. Als würde er das Aus beschwören wollen, heißt der erste Titel des neuen Albums „Reality Is The Gallows Pole“. Es beginnt mit gruseliger Sound-Collage, was dann in einen psychedelischen Twang-Guitar-Slow-Swamp- Rock in „Amsterdam“ mündet. Das Album des Projekts GREEN WAVE ist der vierte Teil einer Reihe von Konzept alben. Wer interessiert ist an der Philosophie des Projekts, dem sei die Story auf dem Blogspot „Green days on a planet blue“ 8 1/2021 musiker MAGAZIN

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