62 CD-REZENSIONEN Verwandten nach Memphis. Nachts mogelte er sich in Blues- Clubs. Von der Musik begeistert, folgte er einem Angebot eines New Yorker Clubbesitzers und arbeitete dort. Wenn der Müll rausgebracht war, sorgte Davis mit seiner souligen Stimme für Blues-Feeling. Noch heute steht er für den alten, echten Blues. Die Aufnahme könnte auch einige Jahrzehnte vorher entstanden sein. Selbst auf der CD hört, nein, spürt man Davis’ Blues. Mittlerweile lebt er in Deutschland, swingt und gilt als der beste R’n’B-Sänger auf Bundesgebiet. Wer das Album hört, kann nicht anders als mitzuswingen, mit dem Fuß zu wippen, zu schnipsen und mit geschlossenen Augen den Bluessound zu genießen. www.ebdavis.com J.H. der teilweise unregelmäßigen Metrik in den Gedicht vor lagen ergeben sich interessante Brüche in den Melodien. So unter - schiedlich wie die Gedichte sind dementsprechend die Lieder. „Goût De Sel“ ist ein Mitschnitt eines Tonstudio-Konzerts im Dezember 2014. Die ruhige und intime Atmosphä re kommt gut rüber. Schließt man die Augen, sieht man die Band vor sich auf der Bühne stehen. Wer den Texten lauscht, versteht deren tiefere Bedeutung auf einer anderen Ebene. www.schne-ensemble.de J.H. und ihrer Klampfe, auf den Musikmarkt. „Sunshine“ zeigt dem Hörer Meg Pfeiffer pur. Dabei zeigt die charmante Sängerin, wie abwechslungsreich ihre Stimme einsetzbar ist. Die Mi - schung aus eigenen Songs und Pop-Covern ist ihr gelungen. Meg Pfeiffers raue Stimme gibt einen guten Kontrast zu den eher sanften Gitarrenakkorden. Eindeutig steht ihre Stimme im Vordergrund. Fast könnte man meinen, in ihrem Wohn - zimmer zu sitzen, während sie ihre Songs vor sich hin spielt. www.megpfeiffer.com J.H. UNRAT »Eisenwelt« WE ARE WOLF »Oklahoma« Passionierten, zeitgemäßen Metal kann man auf dem neuen Album von WE ARE WOLF hören. Titel: „Oklahoma“. War der Erstling der fünf Köln-Bonner noch der Stilrichtung Melodic Death Metal verschrieben, war diesmal die pure Leiden - schaft ohne jegliche Schublade die Maxime. René ist für den Gesang zuständig, Lorenz ergänzt ihn mit den clean Vocals und spielt die Gitarre, Jan – Drums, Nico – Bass und Backing Vocals und Felix ist an der Gitarre. Die Saiten in stru - mente sind genretypisch heruntergestimmt und demonstrieren vom ersten Song an, dass mit harter Gangart vorgetragen wird. Growls, Doublebass-Attacken und versierte Gitarrenläufe. Die Melodien der Refrains gehen ins Ohr. Anders als bei den Genre-Verwandten Linkin Park findet man bei WE ARE WOLF definitiv mehr Härte. Sie verbinden dabei ihre verschiedenen musikalischen Einflüsse mit hartem Riffing und melancholisch anmutenden Refrains, die jäh im nächsten Break unbarmherzig bersten. Das Album „Oklahoma“ birgt auch komplexe Strukturen, ohne Ober fläch - lichkeiten und progressive Ausflüge, wie im Anspiel tipp „Voice Of The Undead“. WE ARE WOLF sind weiter im Death Metal verwurzelt, bringen aber andere Stile wie eine Blut - transfusion ein. „Oklahoma“ sei übrigens das Codewort für „Es reicht!“, das die Musiker untereinander kommunizieren. facebook.com/WeAreWolf C.S. SCHNÉ ENSEMBLE »Goût De Sel Live« Zum SCHNÉ ENSEMBLE gehören Sängerin Schné, Akkor - deonistin Mariska Nijhof, Streicher Ingo Höricht, Bläser Matthias Schinkopf, Kontrabassist David Jehn und Pianist Michael Berger. Die Band vertont in erster Linie deutschsprachige Lyrik, folgt den Texten mit ihrer Musik, gibt den Worten mittels der Musik eine eigene Bedeutung. Wegen SCHNÉ ENSEMBLE »Goût De Sel Live (DVD)« Sängerin Schné steht im Kleidchen lächelnd auf der Bühne, ihr Ensemble umrahmt sie – sowohl musikalisch als auch visuell. Auf der Live-DVD sieht man den Musikern ihre Leiden - schaft und den Spaß an. Mit viel Gefühl interpretieren Schné und ihre Bandkollegen Gedichte. Dabei geben sie den Texten mit ihren Arrangements eigene Bedeutungen. Es lohnt sich, die Musiker auf der Bühne zu sehen. Alle scheinen die Lieder zu (er-)leben. Der Auftritt im Dezember 2014 gleicht einem Wohnzimmerkonzert. Wer die Band sehen will, sollte sich die DVD kaufen. Wer aber Interaktion mit dem Publikum erwartet, wird enttäuscht. Die Musiker haben zwar sichtlich Freude beim Musizieren, sind jedoch in erster Linie mit sich selbst be - schäftigt. J.H. www.schne-ensemble.de MEG PFEIFFER »Sunshine« Auf ihrem neuen Album „Sunshine“ singt Meg Pfeiffer sowohl eigene Songs als auch Popcover mit ihrer Rockröhren - stimme. Mit dem Vorgänger-Album „Bullrider“ machte sie vor allem mit ihren Country-Coversongs von Radiohits von Madonna, Taylor Swift und Katy Perry auf sich aufmerksam. Nun wagt sie sich komplett akustisch, nur mit ihrer Stimme Der gelernte Bassist Stefan Frankenberg ist Mastermind, Texter, Arrangeur und der einzige Musiker des Projekts UNRAT. Mit „Eisenwelt“ legt der Multiinstrumentalist ein rockiges, progressives Album vor. Von 1986 bis 1995 stand Frankenberg bei diversen Bands im Spektrum Rock, progressiver Metal und Deutschrock auf der Bühne. Nach einer Schaffenspause bis Ende 2009 begann er, Songs zu schreiben. Er griff zu Gitarre und Keyboard und programmierte Drums, um mit „Eisenwelt“ sein erstes Album zu veröffentlichen. Die Produktion und der Vertrieb entstanden mit Unterstützung des DRMV, was ihm ermöglichte, sein Werk weltweit anzubieten. Das dreiteilige Titelstück eröffnet einen Reigen teutonischer Power-Rock-Songs, mal progressiv, mal näher an der neuen deutschen Härte. Dabei senden die Lyrics durchaus poetische Botschaften aus. So wie das im Arrangement Kraftwerk-anmutende „Regen- bogen sinfonie“. Wie ein Till Lindemann droht er in „Malus“, blutig und brutal. „Nord-Nord-West“ schließlich klingt vollends nach Rammstein. Abwechslung kommt bei „Evelyn“ auf, einer Uptempo-Nummer im Power-Metal-Stil, die richtig nach vorne geht. „Leben auf dem Mond“ ist schließlich eine stimmungsvolle Ballade, mit schönem Rock-Guitar-Solo. „Eisenwelt“ ist eine bemerkenswert ambitionierte Scheibe voller toller Klänge. Und Frankenberg ist ein außerordentliches Multitalent. www.unrat-rocks.com C.S. RECURSION »SEQUENCES OF SCENES« Was da aus der Kunstuniversität Graz emporkommt, ist schon aller Ehren wert und vor allem hörenswert. RECUR- SION sind das Musikprojekt der multitalentierten Österreicherin Ursula Reicher mit Kommiliton(inn)en. Sie komponierte und schrieb die Songs ihrer CD-Veröffentlichung „Sequences Of Scenes“. Die singende Gitarristin und Pianistin Reicher scharte nicht minder begabte Mitmusiker um sich. Mit echter Studiobesetzung wurden Schlagzeug, Gitarren, musiker MAGAZIN 4/15 | 1/16
CD-REZENSIONEN 63 Piano, Synthies und Posaune eingespielt, um den Songs mit ihren warmen Vocals Gestalt zu verleihen. Inhaltlich drehen sich die Lieder um Erlebtes, Fragen nach dem Ur - sprung, dem Wohin, um schmerzhafte Erfahrungen und gute Wendungen des Lebens. „You said that I should try“ heißt es im Titelsong und lässt resümieren: Gut, dass du es versuchst! Die poetischen Sequenzen dieser musischen Szenen haben Liedermachercharme, berühren Stilistiken aus Jazz, Electronica und Pop. Getragene Atmosphäre kommt auch im einzigen Coverstück auf dem Album voll zur Geltung: Joni Mitchells „Both Sides Now“. Ursula ist darüber hinaus noch in ihren Projekten MASSIVE BEATS CREW und dem GRAZ COMPOSERS ORCHESTRA zu hören. Sanft haucht sie in „Tree“: „Would you miss me?“ „Yes!“, erwidert und sehnt sich schon mein CD-Player nach ihrer Stimme. www.recursion.at C.S. beginnt 1990 bei einer Band namens Pink Project, reicht unter anderem über „Wallflower“ und „Cold Sweat“ bis zur „Ultimate Smoke On The Water Show“. Schließlich, 2014 im Atlantis Studio in Reutlingen, landete Vockrodt den Volltreffer mit seinem aktuellen Album. Es handelt sich um ein Instrumentalalbum, auf dem – wie sollte man es ihm ver denken – das E-Gitarren-Spiel im Fokus steht. Hinzu kommen programmierte Sounds, Drums und die Bassisten Stefan Müller sowie Roland Hrastinski in „Pocketful Of Jazz“. Die Songs bewegen sich im Dunstkreis von Rock bis Heavy Rock der eher klassischen Sorte. Hier wandelt er auf den Pfaden von Steve Vai, wenn er virtuos „Sergeant Tapper’s Amazing Box Of Lullabies“ mittels Hammering vorgeigt. Klassik und Jazz treffen sich zu einer Liaison in „The Foggy Waltz“. Als Wermutstropfen bleibt einzig das Programming des Schlag - zeugs, das doch so viele Neuerscheinungen aktuell begleitet. Musikalisch ist „Adventures From Foggyland“ eine Offenbarung des gitarrenorientierten Rock. Und die Gitarre ist und bleibt die beste Waffe! www.andreasvockrodt.de C.S. MARIAN MEYER »Ich möchte heim« Das Debütalbum von Marian Meyer kommt nachdenklich und ruhig daher. In bester Liedermachermanier gibt er seine Gedanken und Erlebnisse zu gezupften Gitarren klängen weiter. Mit sanfter Stimme summt der 25-Jährige melancholisch. Er ist kein rebellischer Liedermacher, sagt selbst, der „kämpferische Liedermacher-Pfad“ sei „abgegrast“. Seine Musik passt zu einer lauen Sommernacht, zu Lagerfeuer, Zelten und Urlaub. Seine Texte handeln von Heimweh, von Demenz, von betrogener Liebe – kurz: vom Leben. Von Alltags situationen. Meyers Melodien sind eingängig, aber nicht eintönig. Dennoch bleibt die Abwechslung auf der Strecke, viele Lieder klingen ähnlich. Fans der Lieder macher szene finden in Marian Meyer einen talentierten Nach wuchs künstler. www.facebook.com/ahuga.marian J.H. KASSIOPEIA »Cyclone« Die Band KASSIOPEIA um Sängerin und Pianistin Lina Farah gibt es eigentlich schon seit 2008. Dennoch dauerte es bis Oktober dieses Jahres, bis das Debütalbum fertiggestellt war. Lina kommt aus Ägypten, vereint in ihrer Stimme alle Gefühle. Mal singt sie leise und ängstlich, dann wütend und kämpferisch. Insgesamt ist die Atmosphäre auf der CD eher düster. Gitarrist Sebastian Roettger beherrscht sowohl rotzige Riffs als auch präzise gespielte Soli. In ihren Arrange - ments schlagen die Musiker eine Brücke zwischen Okzident und Orient, Soul liegt Arm in Arm mit progressivem Rock. Die Lieder erscheinen zeitlos, schweben. Beim Hören verblassen Zeit und Raum. Dennoch schaffen es die Musiker nicht, etwas wirklich Herausragendes zu kreieren, die Ab - setzung vom Mainstream ist nur in Ansätzen zu erkennen. www.kassiopeia-music.de J.H. ANDREAS VOCKRODT »Adventures From Foggyland« Den Hut ins Gesicht gezogen, ähnlich Ted Nugent, dem Bogenjäger und Waffennarr, posiert Andreas Vockrodt auf dem Cover seines Werkes „Adventures From Foggyland“. Seine Waffe ist die E-Gitarre. Davon hat er sicher ein ganzes Arsenal im Waffenschrank. Die Discographie des Jägers VERY WELL »Very Well« „Sehr gut gemacht!“, könnte man hinter dem Bandnamen ausmachen. Was VERY WELL auf dem gleichnamigen Album wirklich gut gemacht haben, ist beispielsweise der tolle Refrain mit dem friedenssehnsüchtigen „… bring the boys back home …“. In Zeiten wie diesen in fast vorauseilendem Weitblick. Heimeliger Folk-Pop wird so zur echten Message an die, die von zu Hause weit weg sind oder von zu Hause weg mussten. Domenique Michl klingt wundersam unschuldig und eindringlich. Man erinnert sich an Songs der Flower-Power-Ära, wenn „Star“ erklingt. Middle Of The Road sind nicht weit in „Lucky One“. Sollen die Songs mal Schwung aufnehmen, klingen sie leicht nach Main - stream Country. Selbst in Titeln wie „There Will Be Blood“ kommt kein Schaudern auf. Die Arrangements von Pro - duzent Bonifaz Prexl geben den Songs noch den richtigen Kick, wenn die Gitarre allzu pfadfinderisch klingt. Ein schönes Solo von Klavier und Geigen erklingt in „Market Of Loneliness“. Die fünf Musiker aus Bayern machen melodiöse Heile-Welt-Musik auf ihrem Konzeptalbum und das ist gut so. Solche Songs braucht die Welt! www.verywell-music.com C.S. PLACENTA »Greatest Hits XV« „Was klingt hier nach Honic Melonic Death Metal?“ So lautet die Hausaufgabe für den Hörer dieses Albums, das ihm, eingepackt im edlen weißen Schuber, zunächst nichts zu dieser Frage verrät. PLACENTA selbst umschrieben ihren Sound einst so untertreibend süßlich. Nun beschenken sie ihre Fans mit einer Best-of-Compilation, die das Schaffen der letzten 15 Jahre seit Gründung ihres Death-Core-Biests widerspiegelt. Begonnen hat das Berliner Metal-Projekt 2000 mit Tobias Stein, Jens Fischer und Matthias Engst, damals noch als Punk- und Alternative-Kapelle. Shouter Sven Berlin und Gitar - rist Michael Hoge prägten mitunter den Wandel zum mehr Death orientierten Sound der Band. Zwischenzeitlich stieß Bassist Axel Goldmann für Florin Kerber zur Besetzung. „Greatest Hits XV“ zeigt einen bunten Death-Metal-Reigen der Schaffensperioden von PLACENTA. Schnelle Speed- Drums und Growls aus der untersten und obersten Schublade des Operationsbesteckwagens, aber auch melodiöse Aus - flüge charakterisieren das musikalische Portfolio. Das Gi - tarren-Riffing ist rhythmusbetont. Unserer Aus gangsfrage folgend, stoßen wir auf „Bella Fruit Verona“, das mit einem schönen (!) Refrain überrascht. Anspieltipp wegen Selbst ironie, oder auch Symbiose aus Härte und Harmonie, ist der zweite aktuelle Song, betitelt mit „Schön“. Definitiv ge lun gen! www.noizgate.net/artists/placenta C.S. 4/15 | 1/16 musiker MAGAZIN
C 10973 F | N o 4/15 - 1/16 | 3,00
10 FESTIVAL 33. DEUTSCHER ROCK & PO
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