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Musiker Magazin 2/2022

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FESTIVAL: Deutscher Rock & Pop Preis 2022 – Plakat; Deutscher Rock & Pop Preis 2022 – Konzept STORIES: Lisa Fitz – Die renommierteste deutsche Kabarettistin und Trägerin des Bayerischen Verdienstordens; Rockenbolle – Die Cowboys aus der Hölle; TOKUNBO – »Golden Days«; David Beta – Seine Songs sind ein Mix aus Pop und Singer-Songwriter mit Hip-Hop-Einflüssen; ​Brennpunkt – Rockt dich mit authentischen deutschen Texten; EDELMEER – Zwei top-erfahrene Musiker mit Spaß und Hingabe für den deutschen Popschlager; Buffy Wallborn – (Ist) keine für eine Schublade; Die Geschichte von Epos; Ole Ohlendorff – Let The Good Times Roll; Die Historie der Rock- & Popmusik: Drei Pioniere: Alexis Korner, Cyril Davies, Graham Bond; Seyran – Ein musikalisches Gesamtpaket; Birds on Planes – Sie liefern eine energiegeladene Liveshow, bei der die Ohren Augen machen; Melissa Kross – Ich bin ein „Showgirl“ ; 25 Jahre Alfred Music Publishing GmbH RUBRIKEN: Musiker-News; Produkt-News; CD-Rezensionen; Titelschutzanzeigen; Kleinanzeigen; Impressum

44 STORIES Incorporated

44 STORIES Incorporated zu kaufen. Gegen Ende des Jahr - zehnts waren Importschallplatten in hiesigen Schall platten ge schäften kaum aufzutreiben. Damals blieb mir auch die LP „The Legendary Cyril Davies With Alexis Korner’s Breakdown Group And The Roundhouse Four“ von 1970 unbekannt. Erst Jahre später wurde ich auf Davies aufmerksam, durch zwei Stücke auf den beiden British-Blues-Samplern „White Boys Blues“ Vol. 1 und 2 von 1985 und 1986 mit Gi - tarrengrößen wie Jeff Beck, Eric Clapton, Albert Lee und Jimmy Page. Von Davies sind 50 Aufnahmen überliefert und 2014 auf der Doppel- CD „Cyril Davies Memorial Album. Preachin’ the Blues“ versammelt worden. Dass es nicht mehr sein konnten, hat offenbar Davies’ Tod vor dem Aufblühen der Rockmusik in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre verhindert. Dafür klingen aber viele der 50 Stücke erstaunlich frisch, obwohl sich Aufnahme- und Wieder gabe technik erst einige Jahre darauf sprunghaft entwickelten. Blues war in den frühen 1950er-Jahren in Großbritannien so gut wie unbekannt und daher nicht populär. Um 1953 galt dies aber nicht für den Skiffle, den der Kfz-Mechaniker Davies bis auf Weiteres bei Steve Lane’s Southern Stompers mit dem Banjo spielte. Er sang aber auch und be - herrschte die zwölfsaitige Gitarre sowie Blues- Mundharmonika. 1954 nahm er bei sich zu Hause „KC Moan“ auf und zeigte, wie intensiv er mit dem Country Blues vertraut war. Trotz der eingeschränkten Aufnahmetechnik gelingt es ihm, den Zuhörer mit Gesang und Gitarrenbegleitung zu packen. Ab 1955 traten Steve Lane’s Southern Stompers regelmäßig im Londoner Soho-Club Roundhouse auf, und dort eröffnete Davies auch das London Skiffle Centre. In die Skiffle-Sets der Band streute er immer wieder mit Verve einen Song des US-Bluesmusikers Huddie Ledbetter alias Leadbelly ein. Davies’ musikalische Aktivi - täten genügten aber nicht, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu bestreiten. Daher arbeitete er tagsüber weiterhin in seinem Beruf. Im Roundhouse trat ebenfalls regelmäßig die Ken Coyler Skiffle Group mit Alexis Korner als Gitarrist auf. Bald danach taten Davies und Korner sich zusammen. Gemeinsam mit der Sängerin und Waschbrett-Spielerin Beryl Bryden nahmen sie 1956 als Mitglieder der Back-Room Skiffle Group vier Titel auf, von denen damals nur zwei als Single erschienen. Die beiden anderen tauchten erst Jahrzehnte später auf „Preachin’ the Blues“ auf. Davies war mittlerweile des erfolgreichen Skiffles überdrüssig geworden und wollte sich dem Blues widmen. Daher schloss er das Skiffle Centre und eröffnete mit Korner den Londoner Blues and Barrelhouse Club, in dem sie als Alexis Korner’s Breakdown Group featuring Cyril Davies auftraten. Zunächst war die Reaktion der Zuschauer, die in das Skiffle Centre geströmt waren, jedoch ernüchternd. Als aber allmählich die Besucherzahlen stiegen, gab Big Bill Broonzy im neuen Club als erster US-Blues- Musiker ein Gastspiel. 1957 entstand dann unter dem Band namen Alexis Korner’s Breakdown Group featuring Cyril Davies Blues from the Roundhouse das erste Album des British Blues. Mit ihm de monstrierte Davies, wie kompetent er Leadbelly-Songs interpretierte. Von der LP ließ Doug Dobell nur 99 Exemplare pressen und verkaufte sie in seinem legendären Record Shop in der Londoner Charing Cross Road; ab 100 Exemplaren Auflage wäre der Verkauf der Platten steuerpflichtig ge wesen. Ein Londoner Jazz- Label bot daraufhin im selben Jahr Davies und Korner an, vier Songs für eine EP mit dem Titel „Blues From The Round house Vol. 1“ aufzunehmen. Trotz der Abwendung vom Skiffle nannten sich die beiden dafür Alexis Korner Skiffle Group. Der EP folgte 1959 die EP „Blues from the Roundhouse Vol. 2“ mit vier Leadbelly-Songs und einem Stück von Robert Johnson, und nun hieß die Band Alexis Korner’s Blues Incorporated. Der British Blues erhielt außer dem Anschub durch ein Roundhouse-Gastspiel von Muddy Waters, dem Urgestein des Chicago-Blues. Meinungsverschiedenheiten zwischen Davies und Korner führten zu einer vorübergehenden Trennung, während der Davies gemeinsam mit Lisa und Reg Turner sowie Jeff Bradford als Roundhouse Jug Four 1961 eine weitere bluesorientierte EP aufnahm. Danach kehrte er zu Alexis Korner’s Blues Incorporated zurück und führte zu Konzerten einen Koffer voller Mundhar - monikas mit, um stets das richtige Instrument zur Hand zu haben. Noch bevor ihr Drummer Charlie Watts zu den Rolling Stones wechselte, gehörten der Blues Incorporated der Bassist Jack Bruce und der Saxofonist Dick Heckstall-Smith an. Die einzig überlieferte Aufnahme von Davies und Korner mit diesen beiden war Willie Dixons „Hoochie Coochie Man“. Sie entstand im Juli 1962 für den BBC-Jazz-Club, kam aber erst 1972 auf den Markt. Mittlerweile veranstalteten Davies und Korner in dessen Ealing Jazz Club regelmäßige Rhythm and Blues Nights und zogen unter anderem als Zuhörer viele Musiker wie Eric Clapton, Lee Jackson (Nice), Paul Jones, John Mayall, Zoot Money, Jimmy Page, Rod Stewart und Pete Townshend an, die künftig selbst prägende Vertreter dieser Musik sein sollten. Manche spielten gelegentlich auch bei Auftritten der Blues Incorporated mit. Der Einfluss der Band reichte dadurch weit. Zum Beispiel hätte es ohne Alexis Korner’s Blues Incorporated laut Keith »Ohne Alexis Korners Blues Incorporated hätte es laut Keith Richards die Rolling Stones nie gegeben.« Alexis Korner’s Blues Incorporated Richards die Rolling Stones nie gegeben. Weil der British Blues in der britischen Musikindustrie bis auf Weiteres für eine schnell wieder vergessene Episode gehalten wurde, erhielt die Band erst 1962 einen Schallplattenvertrag, als der Pro du - zent Jack Good sie in Chris Barbers Londoner Marquee-Club entdeckte, dessen Hausband sie seit Mai des Jahres war. Im Herbst erschien daraufhin von Alexis Korner’s Blues Incorporated die in den Decca-Studios in West Hamstead aufgenommene LP „R&B From The Marquee“, die auf dem „Cyril Davies Memorial Album“ enthalten ist. Als Blues-Purist stemmte Davies sich gegen Jazz-Einflüsse, sodass ihn Heckstall-Smiths Band-Mitgliedschaft störte. Deswegen lehnte er nach Watts’ Ausscheiden Ginger Baker zunächst als dessen Nachfolger ab, da er als Jazz-Drummer galt. Nach Proben war Davies aber davon überzeugt, bislang keinen anderen derart originellen Drummer gehört zu haben, und gab seinen Wider stand auf. Für Baker wiederum war Davies’ rauer Blues eine Offenbarung – Bakers CD „Coward Of The County“ von 1999 beginnt mit dem Stück „Cyril Davies“. Als Korner danach die Band um Bläser verstärken wollte, verließ Davies im November 1962 endgültig die Blues Incor po - www.musiker-online.tv

STORIES 45 Alexis Korner: »Ich bin sowohl Türke, Grieche als auch Österreicher und kenne aber keine Musik, die gleichzeitig aus türkischen, griechischen und österreichischen Elementen be steht. Daher spiele ich mit vollem Recht Blues.« rated und gründete die Cyril Davies R&B All Stars unter anderem mit dem Sänger Long John Baldry und dem Pianisten Nicky Hopkins. Die letzte Veröffentlichung dieser Band vor Davies’ Tod war die Single mit den Songs „Preachin’ The Blues“ und „Sweet Mary“ von Leadbelly. Korner wurde 1928 als Alexis Körner in Paris als Sohn eines jüdisch-österreichischen Offiziers und einer griechischen Mutter teils türkischer Her - kunft geboren. Zu Beginn des Zweiten Welt krieges floh die Familie nach Großbritannien, wo der junge Korner früh mit Blues-Schallplatten in Berührung kam und Gitarrespielen lernte. Seine Vorliebe für den Blues kommentierte Korner wegen seiner multikulturellen Herkunft einmal: „Ich bin sowohl Türke, Grieche als auch Österreicher und kenne aber keine Musik, die gleichzeitig aus türkischen, griechischen und österreichischen Elementen be steht. Daher spiele ich mit vollem Recht Blues.“ Gegen Ende der frühen Nachkriegszeit war er als Soldat in der britischen Zone Deutschlands stationiert. Für das British Forces Network (BFN), dessen Schallplattenarchiv er betreute, und den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) in Ham - burg moderierte er Musiksendungen, da er mit der deutschen Sprache aufgewachsen war. Außerdem trat er in Hamburger Jazzlokalen auf. Zurück in London schloss er sich 1949 als Gitarrist mit unverstärkter Gitarre der Jazzband von Chris Barber an, der ebenfalls den Blues schätzte und sich seine erste Schallplatte mit Songs von Robert Johnson 1947 in Dobells Plattengeschäft gekauft hatte. Danach wurde er Mitglied von Ken Coyler’s Skiffle Group, die mit ihm 1955 Songs für eine LP aufzeichnete. Die Einkünfte aus Auf tritten und dem Verkauf von Schallplatten genügte nicht, um den Unter - halt von Korners Familie zu bestreiten. Deswegen moderierte Korner ab dem Jahr Musiksen dun - gen für das Radio der BBC und setzte dies bis 1983 fort. Darunter waren die Serien „Sympathy For The Devil“ über die Geschichte von Rock und Blues (1972), „The Devil’s Music“ über unbekanntere Musiker dieser Richtungen mit Blues- Musikern aus den USA als Gästen im Studio (1979) und Guitar Greats über 13 stilbildende Gitarristen wie Jeff Beck, Eric Clapton, Ry Cooder und B.B. King (1983). Auch im Radio von NDR 2 war er wiederholt in Deutsch land zu Gast. Wer diese Sendungen ge - hört hat, wird sich vermutlich gern daran erinnern, wie Korner mit seiner unverwechselbar sonoren Stimme seine Zuhörer kenntnisreich und lebendig mit Geschichten über Blues- und Rock - musik unterhielt. Bis auf Weiteres waren Jazz und Skiffle die bestimmenden Musikrichtungen in den 1950er- Jahren, sodass es dauerte, ehe Rhythm & Blues für Korner und Davies professionell in den Vor der - grund rückten. Von 1958 bis 1961 entstanden mit Korner, weißen Folk-Musikern und schwarzen Blues-Musikern aus den USA Singles, EPs und LPs. Den Anfang machte der Folk mit Alan Lomax und Ramblin’ Jack Elliott, dann folgte Blues mit Champion Jack Dupree, Memphis Slim, Little Brother Montgomery, Roosevelt Sykes und James Cotton. Außerdem wurden Aufnahmen mit Chris Barbers nordirischer Ehefrau Ottilie Patterson aufgezeichnet, die Bluessängerin war. In Korners Blues Incorporated war häufiger Wechsel der Musiker Normalität. Manche Musiker wie die späteren Rolling-Stones-Mitglieder Mick Jagger, Brian Johns und Keith Richards sprangen auch nur vorübergehend ein. Als Jagger kurzzeitig Sänger der Blues Incorporated war, trampte 1961 Eric Burdon von Newcastle nach London, um Korner zu überreden, in der Blues Incorporated singen zu dürfen. Der gab ihm diese Chance, 8 2/2022 musiker MAGAZIN

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