Aufrufe
vor 2 Jahren

Musiker Magazin 2/2021

  • Text
  • Deutscherrockpoppreis
  • Arrest
  • Spacemueller
  • Shinamaage
  • Voyageriv
  • Tonland
  • Paulbartsch
  • Samiya
  • Kerstinbogensee
  • Vocalskills
  • Randycalifornia
  • Spirit
  • Wwwmusikermagazinde
  • Cassidy
  • Mick
  • Magazin
  • Deutschen
  • Musiker
  • Musik
FESTIVAL: Deutscher Rock & Pop Preis 2021 – Konzept; STORIES: TONLAND – Zwei Menschen, zwei Stimmen, viel Gefühl; Kerstin Bogensee – Musikerin aus Leidenschaft und Optimistin aus Überzeugung; Sam Reckless – »Dark Times On Glamroad«; Mick Zimmer – »Das neue Jahr«; VOYAGER IV – »Pictures At An Exhibition«; SAMIYA – Die Stimme einer neuen Generation Soul; Paul Bartsch – Träume im Kopf, Wut im Bauch, Wärme im Herzen; SIHNA MAAGÉ – Soul mit Blick für den Zeitgeist; SPACEMUELLER – Melodischer Indie-Rock mit viel Zerre auf den Gitarren und abgedrehten Rhythmen; ARREST – True Power Metal Band from Germany; Die Historie der Rock- & Popmusik: Randy California und SPIRIT; MUSIKBUSINESS: The Singer’s Coach von LeeZa Nail – Teil 2: Vocal Skills; RUBRIKEN: Musiker-News; Produkt-News; CD-Rezensionen; Titelschutzanzeigen; Kleinanzeigen; Impressum

16 STORIES MM: Wieso

16 STORIES MM: Wieso denkst du, dass wir einen Perspektivwechsel brauchen? KERSTIN BOGENSEE: Wir sind umgeben von negativen Schlagzeilen oder auch von Neid und Missgunst. Schauen oft nicht so sehr bei uns selbst und lassen uns, wenn wir ehrlich sind, auch oft von unseren Ängsten und Bedenken leiten. Generell bleibt Negatives eher in den Köpfen als Positives. Leider. Aber ich habe für mich erkannt, dass jeder Mensch so zufrieden wie möglich sein und seine Träume leben oder ihnen zumindest näher kommen kann, wenn er es sich nur selbst zutraut und sich selbst die Freiheit gibt. Die Kraft steckt in jedem von uns! MM: Ist das nicht naiv? KERSTIN BOGENSEE: Naturlich heißt das nicht, dass wir immer gut ge - launt und happy sein müssen. Oder dass alles immer gut ist. Äußere Umstände, Lebensbedingungen oder Erfahrungen haben wir auch einfach oft nicht in der Hand. Das ist so und auch darum geht es in meinen Songs. Für mich geht es vielmehr darum, unser Potenzial voll auszuschöpfen und die Dinge, auf die wir Einfluss haben, auch wirklich anzupacken und nach unseren Vorstellungen zu verändern. MM: Wie hast du das geschafft? KERSTIN BOGENSEE: Ich war vor ein paar Jahren an einem Punkt, an dem ich irgendwie feststeckte. Vormittags stand ich als PTA in der Apotheke und nachmittags in der Musikschule als Gesangslehrerin. Und das mit zwei kleinen Kindern. Es wurde beruflich zu einer sehr großen Belastung und hat mich ganz schön im Hamsterrad laufen lassen. Ich fühlte mich ausgebrannt und war unzufrieden. Ich spürte damals, dass mich die Musik rief, und ich fing an, darüber nachzudenken, was ich eigentlich wirklich will. Ihr Ruf wurde immer lauter, und es wuchs der Traum, hauptberuflich als Musikerin zu arbeiten. Allerdings zweifelte ich daran, dass das für mich möglich sein könnte, weil ich ja keine Zertifikate oder Ab - schlüsse hatte, auf denen erkenntlich war, was ich kann. Außerdem fehlte der Mut. Dann schrieb ich die ersten Songs. Das half mir, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Man kann nicht richtig beschreiben, was Musik mit einem macht. Jeder Musiker weiß, was ich meine, wenn ich sage, dass die Musik einfach tief in uns verankert ist. Das ist nicht einfach nur etwas, was wir tun. Sondern es ist etwas, was wir tun müssen. Eine Passion. Mir wurde immer klarer, dass Musik meine Berufung ist. Und wenn ich es nicht versuchen würde, würde ich es mir irgendwann wirklich vorwerfen. Ich glaube, dass es ein schlechtes Gefühl ist, wenn man alt ist und sich eingestehen muss, dass man nicht versucht hat, das Leben zu leben, welches vielleicht möglich gewesen wäre. Das wollte ich für mich auf keinen Fall. Ich fasste all meinen Mut zusammen und kündigte in der Apotheke. Es hat mich wirklich Überwindung gekostet, das Gewohnte, Sichere zu verlassen. Aber ich bekam zum Glück schnell weitere Unterrichtsaufträge und traute mich, meine Lieder zu spielen. Jetzt fühlte ich mich frei und selbstbestimmt. MM: Aber Musikerin wird man ja nicht einfach so. Wie kommt es, dass du überhaupt in Betracht gezogen hast, die Musik zum Beruf zu machen? Seit wann machst du Musik? KERSTIN BOGENSEE: Bei uns zu Hause war es normal, dass Musik ge - macht wird. Mein Vater in der Woche in seinem Beruf als Hand werker gearbeitet und hat an den Wochenenden zusammen mit meinem Großvater Tanz - musik auf Feiern gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich angefangen habe zu singen. Es war schon immer da und immer mein absolutes Ventil in allen Lebens lagen. Ich hatte Glück, dass es einen Kinderchor im Nachbardorf gab. Mein Chor - leiter entdeckte mein Talent und ließ mich schon früh Soli singen. Er verschaffte mir sogar eine kleine Rolle als Kinderdarstellerin am Flens burger Theater. Mein erstes Instrument war, wie soll es anders sein, die Blockflöte. Später am Gymnasium sang ich an Musikabenden auch als Elfjährige schon so - listisch. Zu dieser Zeit bekamen wir unseren ersten CD-Player. Meine Mutter kam eines Tages mit einer CD von Joan Baez nach Hause, die sie bereits in ihrer Jungend als LP gehört hatte. Ich war neugierig und legte die CD ein. Diese wunderschöne, klare Stimme und das feine Gitarrenspiel zogen mich magisch an. Ich wusste: Das will ich auch können. Meine Eltern ermöglichten mir Gitarren- und Gesangsunterricht und ich übte unermüdlich die Joan-Baez-Songs. In jeder freien Minute. Zwei Jahre lang. Dann gab es eine Musikpause. MM: Warum? KERSTIN BOGENSEE: Das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin und wo ich heute übrigens wieder mit meiner Familie lebe, ist wirklich klein und in die nächste Stadt dauert es etwas. In den Neunzigern war es noch nicht cool, ein Gymnasium zu besuchen und Instrumente zu spielen oder gar zu singen. Was war aber das Wichtigste für mich als Jugendliche? Genau. Cool sein. Dazugehören. „Normal“ sein. Ich fühlte mich so gar nicht „normal“ und wünschte mir einfach nur dazuzugehören. Also rebellierte ich gegen alles, was mich bis dahin ausmachte. Ich verließ das Gymnasium und machte Musik nur noch im stillen Kämmerlein. Das war zu diesem Zeitpunkt genau richtig so und gut für mich und mein Seelen heil. Ich habe mich einfach viel wohler in meiner Haut gefühlt und hatte eine schöne Zeit, in der sehr viele Freundschaften entstanden sind, die bis heute anhalten. www.musiker-online.tv

STORIES 17 MM: Wie bist du dann wieder zur Musik ge - kommen? KERSTIN BOGENSEE: Mit Mitte zwanzig ver spürte ich den Wunsch, wieder richtig Musik zu machen. Ich hatte zwar zwischenzeitlich auf Hochzeiten oder in einer Tanzband gesungen, aber das war alles nicht wirklich ernsthaft. Ich nahm Gesangs - unterricht und sang in einer A-cappella-Gruppe. Eine Freundin, die Gitarrenlehrerin ist, bat mich daraufhin, ein paar Schülerinnen etwas Gesangs - technik zu zeigen. Das machte mir große Freude, und es kamen immer mehr Schüler hinzu, sodass ich es irgend - wann nebenberuflich an Musikschulen anbieten konnte. Ich bildete mich stetig fort, um noch mehr fundiertes Wissen rund um den Rock-/Pop-Ge - sang zu erlangen. Dann schrieb ich die ersten Songs und träumte davon, wie ich zuvor schon sagte, die Musik zu meinem Beruf zu machen. MM: Mit deiner ersten Single „Auf Eis“ hast du 2018 beim Deutschen Rock & Pop Preis auf der Bühne gestanden. 8 2/2021 musiker MAGAZIN

Archiv