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Musiker Magazin 1/2018

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48 STORIES vor allem in

48 STORIES vor allem in der frühen Phase der Tournee heraus - ragende Improvisationen zu bewundern gab, geriet das vertraglich vereinbarte Programm zu CREAMs Sargnagel. Die nicht enden wollenden Auftritte kosteten Kraft und Nerven der Musiker, die zudem Drogen konsumierten. Bakers und Bruces Streit über die Lautstärke ihrer In stru - mente wurde immer unerquicklicher. Außerdem hatten Bruce und Clapton ihre Verstärker-An - lagen weiter aufgerüstet. Später beklagte Baker, dass die Lautstärke von Bass und Gitarre bei den Auftritten sein Gehör ruiniert habe. Clapton hatte derlei Streitereien schließlich satt. Der desillusionierte Clapton brachte es auf den Punkt: „CREAM haben die Richtung verloren.“ Um Juni des Jahres wünschten sich alle drei Bandmitglieder, CREAM aufzulösen, was rasch publik wurde. Zum Glück fanden CREAMS Auftritte in Grahams Fillmore West (2 000 Plätze) am 7. März und seinem 5 000 Zuschauer fassenden Winterland Auditorium vom 8. bis zum 10. März 1968 zum Tournee-Beginn statt, als die Auflösung der Super - group noch nicht beschlossene Sache war. Sämtliche CREAM-Konzerte aus der Zeit vom 7. bis zum 10. März wurden professionell aufgezeichnet. Sie sind die hauptsächliche Quelle CREAMs offiziell auf den Markt gebrachter Live- Aufnahmen. Zwei Aufnahmen, die Produzent Papalardi in das am 9. August 1968 in Groß - britannien herausgekommene Doppel album „Wheels Of Fire“ aufnahm, ragen neben den musikalisch exquisiten und makellos produzierten Studioaufnahmen heraus. „Crossroads“ glänzt mit einem unerreichten Gitarrensolo von Clapton, der bei diesem Auftritt eine geradezu magische Eingebung gehabt zu haben schien, und die spannungsgeladene 16-minütige Ver sion von „Spoonful“, die keinen toten Moment hat, sucht ihresgleichen – eine wahre Sternstunde der Rock - musik! Für die BBC war Regisseur Tony Palmer nach San Francisco angereist und filmte unter anderem Interviews mit den Musikern, die dabei unter Drogeneinfluss zu stehen schienen. Ein Film über ein zusammenhängendes Set aus diesen vier Tagen in Grahams Häusern scheint allerdings nie geplant gewesen zu sein. Während dieser Tournee wurde der Zusam men - halt der Bandmitglieder aufgebraucht, CREAM spielten aber immer wieder auch gute Konzerte, so zum Beispiel am 15. Mai 1968 im Ak-Sar-Ben Coliseum von Omaha. Herausragend soll die 20- Minuten-Fassung des eher belang loseren Single- Titels „Anyone For Tennis“ gewesen sein, die an - geblich für Atlantic Records aufgezeichnet worden sein soll, bis heute aber nicht auf Ton trägern aufgetaucht ist. Im selben Monat gaben Baker, Bruce und Clapton bekannt, CREAM auflösen zu wollen. Man dachte darüber nach, entweder Graham Bond oder Steve Winwood aufzunehmen und mit einem anderen Konzept fortzufahren, nach Bruces Vorstellungen vielleicht auch mit Bläsern. Nichts davon wurde realisert. Nachdem CREAM Mitte Juni in New York die Auf nahmen für ihr drittes Album abgeschlossen hatten, gingen die Bandmitglieder bis auf Weiteres eigene Wege. Die Atmosphäre in den Atlantic Studios war nach der Erinnerung des Tonige nieurs Tom Dowd äußerst angespannt: „Manchmal schien es, dass die Bandmitglieder aufeinander los gehen und einander umbringen würden.“ Folgt man Bakers Interview für die DVD „Cream. Their Fully Autho - rized Story“, gab es außerdem wegen der Autoren schaft an den Songs „Sunshine Of Your Love“ und „White Room“ Streit. Baker rekla mierte, dass seine rhythmischen Beiträge diese Stücke erst zu Erfolgen gemacht hätten, ihm aber keinerlei Autorenrechte und Tantiemen eingeräumt worden seien. Als Baker, Bruce und Clapton Anfang Oktober 1968 zur CREAM-Abschiedstour in die USA aufbrachen, hatte zwischen ihnen seit Mitte Juni mehr oder weniger Funkstille geherrscht. Finanziell war die Tournee ein voller Erfolg. Denn nun erhielt die Band pro Auftritt bis zu 60 000 US-Dollar. Der Start in Oakland war noch vielversprechend und wurde wie einige andere nachfolgende Auftritte professionell mitgeschnitten. Der hörenswerte Oak land-Auftritt erschien 1999 als Bootleg, nachdem die Songs „White Room“, „Politician“ und „Deserted Cities Of The Hearts“ davor schon 1972 auf „Live Cream, Volume II“ veröffentlicht worden waren. CREAM hatten aber ihren Zenith überschritten. Davon zeugen Konzerte im Ingle - wood-Forum von Los Angeles am 18. und 19. Oktober, aus denen zwei Titel ebenfalls auf „Live Cream, Volume II“ enthalten sind. Der 2008 erhältliche umfassendere CD-Mitschnitt von diesen Auftritten offenbarte, dass der Band immer wieder Präzision abhanden kam, denn nicht immer stimmten die Einsätze. Die Band harmonierte nur noch mehr schlecht als recht. Bis dahin war in Großbritannien am 8. August 1968 das Doppelalbum „Wheels Of Fire“ herausgekommen. Es war das erste Doppelalbum, das aus einer Studio- und einer Live-LP bestand. Das neue Werk bekam überschwängliche Kritiken und erzielte Platin-Status. Kurz nach der Veröffentlichung in Deutschland wurde die Studio-LP komplett im Samstagsabend-Programm des Club von NDR 2 vorgestellt. Am 4. November 1968 endete zur Erleich te rung der Bandmitglieder diese US-Abschieds(tor)tour. US-Kritiker Christgau merkte später an, dass Baker, Bruce und Clapton durch ihre Konzerte bekannt geworden und zu Geld gekommen seien, auf diesem Weg aber auch ihre Musik und ihre Kameradschaft ruiniert hätten. Einen Tag nach Tournee-Ende begannen CREAM in Los Angeles mit den Studioaufnahmen für ihr letztes vertraglich noch ausstehendes Album, die am 21. November des Jahres in London mit dem Produzenten Felix Papalardi abgeschlossen wurden. Heraus kamen drei Stücke, von jedem Bandmitglied eines. Bakers „What A Bringdown“ und Bruces „Doing That Scrapyard Thing“ sind schon vom Titel her bezeichnende Kommentare zur Desintegration der Band. Besondere Be kannt - heit hat „Badge“ erlangt , das Clapton ge mein sam mit seinem Freund George Harrison schrieb und einspielte; der Beatle wirkte unter dem Pseudo - nym L’Angelo Misterioso mit. Die zweite Hälfte des Albums, das Anfang Februar 1969 unter dem Titel „Goodbye“ veröffentlicht wurde, füllte Papalardi eigenständig mit drei Live-Aufnahmen vom 19. Oktober 1968 aus dem Inglewood- Forum in Los Angeles. musiker MAGAZIN 1/2018

STORIES 49 »CREAM haben unter anderem mit hartem Rock künftigen Top Acts wie Led Zeppelin den Weg geebnet. Die Einnahmen aus den zahllosen Auftritten und die Tantiemen aus den enorm erfolgreichen Schallplatten der Band hatten die Musiker reich gemacht. Bis zum Ende des vorigen Jahrtausends waren 35 Millionen CREAM-Tonträger über die Ladentische gegangen. Diese sind auch das jederzeit abrufbare Vermächtnis der ersten Supergroup der Rockgeschichte.« CREAMs Abschied von der Konzertbühne stand allerdings noch bevor. Die Band war für zwei Abschiedskonzerte in der Londoner Royal Albert Hall am 26. November 1968 gebucht worden. Trotz der schlechten Vorzeichen gerieten CREAMs letzten beiden öffentlichen Auftritte nicht zu einem Fiasko. Die Band spielte solide, mehr aber auch nicht. Die beiden Londoner Konzerte filmte Tony Palmer. Zum Missfallen der Band schnitt er die Auftritte zusammen, sodass nicht alles zusammenpasste. Außerdem fügte er Interviews mit Baker, Bruce und Clapton vom März des Jahres in San Francisco ein. Diese Melange, die kein zu - treffendes Bild von CREAMs außergewöhnlichem Potential vermittelt, wurde von der BBC ausgestrahlt und bis heute unter diversen Titeln auf den Markt geworfen. Bedauerlich ist, dass es von CREAM keine so umfassenden Aufzeichnungen von Live-Auftritten gibt wie zum Beispiel von den Beatles, den Doors und Jimi Hendrix. CREAM wurden zur Legende, und Gerüchte, die Band werde wieder zusammenfinden, verstummten nicht. Unmittelbar nach den Konzer ten in der Royal Albert Hall hieß es, CREAM würden weitermachen. Da das Publikum die Band dabei so frenetisch gefeiert hatte, waren Baker, Bruce und Clapton so überwältigt, dass sie kurzzeitig bereit waren, die Trennung zu überdenken. Erst recht glaubte man an eine Reunion, als Baker und Clapton mit Ric Grech und Steve Winwood die neue Supergroup Blind Faith gründeten, die sich als noch kurzlebiger erwies. CREAMs Labels brachten 1970 und 1972 die LPs „Live Cream“ und „Live Cream, Volume II“ heraus, die Felix Papalardi ohne Beteiligung der Bandmitglieder aus US-Konzerten in San Francisco und Los Angeles von Anfang März und Oktober 1968 zusammengestellt hatte. Überwiegend hinterlassen diese Aufnahmen einen sehr guten Eindruck. Besonders überzeugend wirkt die lange Impro - visation über Bakers „Sweet Wine“ aus CREAMs erster LP „Fresh Cream“. Clapton sprach sich in den kommenden Jahren wiederholt gegen eine Wiedervereinigung von CREAM aus. Als die Band jedoch am 12. Januar 1993 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurde, spielten Baker, Bruce und Clapton wie in besten Tagen zur allgemeinen Be gei - sterung live die Stücke „Sunshine Of Your Love“, „Born Under A Bad Sign“ und „Crossroads“, die erst 2011 verstreut in der 9-DVD-Box „Rock and Roll Hall of Fame Museum“ veröffentlicht wurden. Die Bandmitglieder selbst waren mit ihrem Auftritt nicht vollständig zufrieden, hatten aber die Proben dafür als magische Momente angesehen, was Clapton in seiner Dankesrede vor den Gästen sagte. Die Tickets für die Veranstaltung sollen bis zu 1 000 US-Dollar pro Person gekostet haben. Durch dieses Ereignis wurden Hoff - nun gen auf eine baldige CREAM-Tournee genährt. Fast wären die drei Musiker im November 1993 tatsächlich gemeinsam bei den Rockpalast-Kon - zerten zu Bruces 50. Geburtstag im Kölner E- Werk aufgetreten. Angeblich soll Clapton Interesse an einem gemeinsamen Auftritt bekundet haben und lediglich durch andere Verpflich tun gen verhindert gewesen sein. So spielten Baker, Bruce und Gary Moore ein überzeugendes CREAM-Set. Diese Kon zerte waren ein herausragendes musikalisches Ereignis und sind nach Bruces Tod um - fassend auf DVD und CD dokumentiert worden. Als Baker und Bruce nicht mehr bei bester Gesundheit waren, ließ Clapton sich schließlich zu einer CREAM-Reunion an vier Tagen Anfang Mai 2005 in der Londoner Royal Albert Hall bewegen. Im Handumdrehen waren die Konzerte ausverkauft, Schwarzmarktpreise erreichten fantastische Höhen. Die herbei gepilgerten Besucher müssen sich wie im siebenten Himmel gefühlt haben, die alten Herren musikalisch wieder reibungslos miteinander harmonierend zu erleben. Das wurde natürlich auf DVD und CD festgehalten. Der Erfolg dieser Londoner Konzerte veranlasste die Band, Ende Oktober 2005 auch den New Yorker Madison Square Garden für Auftritte an drei Tagen zu mieten. Auch diese Auftritte waren im Nu ausgebucht. Aber die alten Ani mo - sitäten zwischen Baker und Bruce waren auch nach rund dreißig Jahren nicht ausgeräumt und bedeuteten unwiderruflich das Aus von CREAM. CREAM haben unter anderem mit hartem Rock künftigen Top Acts wie Led Zeppelin den Weg geebnet. Wie vor ihnen die Beatles konnte die Band 1968 Stadien füllen. Die Einnahmen aus den zahllosen Auftritten und die Tantiemen aus den enorm erfolgreichen Schallplatten der Band hatten die Musiker reich gemacht. Bis zum Ende des vorigen Jahrtausends waren 35 Millionen CREAM-Tonträger über die Ladentische gegangen. Diese sind auch das jederzeit abrufbare Vermächtnis der ersten Supergroup der Rock - geschichte, das mit zusätzlichen Aufnahmen ver - sehen 1997 zur 4-CD-Box „Those Were the Days“ zusammengetragen wurde. Wie schon erwähnt, sind nach der Auf lösung der Band weitere CDs und DVDs erhältlich gewesen. Und natürlich gab es auch in den 1960er-Jahren Boot legs mit Aufnahmen aus dem Publikum heraus. Mit denen tut man sich in aller Regel schon rein akustisch keinen Gefallen. Nach der jüngsten Ver - öffentlichung des Radiomitschnit tes vom 15. Oktober 1967 ist nun für März 2018 die CREAM- CD „The Winterland Concert“ von 1968 angekündigt. Man darf gespannt sein, ob die Auf - zeichnungen vom 8. bis 10. März 1968 in Bill Grahams Auditorium noch Überraschungen parat haben. NÄCHSTE FOLGE: RAY DAVIES UND DIE KINKS TEXT: NORBERT APING FOTO (S. 39): ZORAN VESELINOVIC FOTO (S. 40): HEINRICH KLAFFS FOTO (S. 41): MATT GIBBONS FOTO (S. 42): GENERAL ARTISTS CORPORATION / ATCO RECORDS GRAFIK: © FOTOALI / FOTOLIA.COM DR. NORBERT APING Geboren 1952, Buchautor und Leiter des Amtsgerichts in Buxtehude. 1/2018 musiker MAGAZIN

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