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Musiker Magazin 01/2015

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CLUESO: "Stadtrandlichter" – Ein Bauchalbum, keine Kopfplatte

60 CD-REZENSIONEN atmo

60 CD-REZENSIONEN atmo sphäre von „Melt“ bei. Wobei zwei Highlights der Platte, nämlich das gefühlvolle „Hidden Garden“ sowie der Schlusstrack „Faces“, durchaus herausstechen. „Faces“ bildet eine Num mer, die berührt und beinahe episch wirkt. J MOON erschaffen At mosphäre mit einem Hauch von Mystik. Dabei setzen sie ganz auf Minimalismus, der hypnotisiert und fasziniert. Die Musikwelt wird von diesem Beben wohl noch sehr lange etwas spüren. „Melt“ erzeugt eine fesselnde Leere, in die man sich immer und immer wieder fallen lassen will – am besten in der U-Bahn, auf dem Weg zum nächsten Glühwein stand, während man sich zwischen den warmen Winter jacken versteckt und die Platte schluchzend ins Herz schließt. M.D. http://jmoonmusic.com BROTHERS OF SANTA CLAUS »Navigation« Wie weit geht der Vollbart-Trend denn noch – denkt man bei einem solchen Bandnamen wie dem der BROTHERS OF SANTA CLAUS. Dabei täte man den Protagonisten Unrecht, hat doch nur einer der fünf gut aussehenden Jungs eine Komplettbehaarung des Gesichts vorzuweisen. Das Debüt - album der Freiburger heißt „Navigation“ und ist ein Sextant für New-Folk- und Akustik-Inde-Rock-Liebhaber. Aus deutschen Landen hört man dies kaum in einer solchen Güte. Nicht so countrylastig wie die deutschen Dinosaur Truckers und nicht so poplastig wie Mumford and Sons. Dafür erinnert Sänger Maximilian Bischofberger an einen anderen Bruder: An Caleb, einen der Brüder Followill und Sänger der Kings Of Leon. Effektvoll wird bei all den akustischen Er - zäh lungen auch immer wieder eine E-Gitarre eingesetzt, so in „Dry“, einer emotionalen Achterbahnfahrt mit souligen Nuancen in den Vocals. „Interlude“ haben sie in einem Haus - gang aufgenommen. Dass sie dabei auch noch toll klingen – geschenkt! So können die BROTHERS OF SANTA CLAUS gut ganzjährig mit oder ohne brauner Koffeinbrause bestimmt auch live genossen werden. Bart ab oder dran – diese Musik hat Charakter. C.S. www.brothersofsantaclaus.de ARETHA FRANKLIN »Sings The Great Diva Classics« Es kann nur eine geben: Aretha Franklin. Die eine Queen of Soul. Ihr Schaffenswerk umspannt mehr als fünf Jahr zehnte. Mit ihren gerade mal 72 Jahren legt sie uns ein neues Album vor. Nicht etwa eine Retrospektive oder eine „Best Of“ ihrer Hits. Dabei könnte sie eine eigene Spitzen kompilation der Soulmusik vorlegen – allein mit ihren eigenen Songs. Man erinnere sich nur an „Call Me“, „Think“ und ihre famosen Versionen von „I Say A Little Prayer” sowie das Duett mit George Michael „A Rose Is Still A Rose“. Viel fältige Grammy- Auszeichnungen ehren die Soul-Diva. Das Musikmagazin Rolling Stone setzte sie auf Platz eins der Allzeit-Top-Liste der besten Sänger. Umso überraschender, dass sie sich nun dem Werk anderer bekannter Soul-Interpretinnen gewidmet hat. Auf dem vorliegenden Longplayer versucht sie sich an den größten Hits derer, die sie oft als Vorbild nannten. Dabei hat sich Aretha aller Dekaden des weiblichen Soul bedient. Von Adeles „Rolling In The Deep“ bis hin zu Etta James’ „At Last“, von Gloria Gaynors „I Will Survive“ bis Sinead O’Connors, von Prince geschriebenem „Nothing Compares 2 U“. Aretha singt Songs, die sie, wie sie sagt, selbst mit ihrem Produzenten Clive Davis ausgesucht hat und zu denen sie besonderen Bezug hat. Alicia Keys etwa wünschte sich eine Version ihres „No One“ mit einem Reggae Vibe. Aretha hatte so etwas nie zuvor versucht. Aus ge sprochener Wunsch Arethas war es, „You Keep Me Hangin’ On“ von Diana Ross und den Supremes zu singen. Sie sei selbst ein großer Fan der Motown Hits und von Diana. Ihr selbst und dem Hörer bereitet Aretha eine wahre Freude mit dem Album, das ein modernes Produktions gewand trägt. Darüber schwebt ihre einzigartige Stimme, die Eine, die Größte. www.arethasings.com C.S. MELLOY »Deine kleine Welt« Engst, Ron, Yuri und Görn aus Berlin machen deutsche Rockmusik – ganz ohne Deutschrock. Wie geht das? Wie ist das Rezept? Gibt’s bei keiner Kochshow! Dabei haben sie doch schon Hallen zum Kochen gebracht neben den Emil Bulls, Itchy Poopzkid und Die Happy. MELLOY wollen keine Phrasendrescherei betreiben und ehrlich rüberkommen. Das tun sie vor allem mit ihrem druckvollen und Punktauglichen Sound aus Gitarren, Vollgas-Rhythmussektion und Stimmungsrefrains, die mit Bommerlunder Trinkliedern und Westerland-Urlaubshits locker mithalten können. Sie stellen eine „kleine Welt“ in den Mittelpunkt, weil ja Zu sam - menhalt das Schönste auf der Welt sei, sagen sie. „Laut, ehrlich und tanzbar“, bemüht man dann doch noch eine Phrase. Der Sound ist damit treffend beschrieben, wenn man diesen eingängigen Melodic Punk im oberen Mittel - tempo verortet und dampfhammerartige Produktion erahnt. Dann ist das „OK“, singen sie, und ich schließe mich voll an, wenn ich die Silberscheibe höre. www.melloy.de C.S. STORAGE 5 »Finest Garage Noise« Die Bielefelder Alternative-Rocker STORAGE bringen mit „Finest Garage Noise“ ihr schon lang erwartetes Debüt heraus. Die Jungs gehen dabei ziemlich schnörkellos zur Sache. Ob man jetzt den Opener „Doing Wrong“ oder ein Stück wie „Song For You“ nimmt, ist im Grunde genommen egal. Denn sie haben alle nur ein Ziel dem Hörer feinsten Rock um die Ohren zu hauen. Harte, runtergestimmte Riffs am Anfang, dann setzt der Gesang ein und steigert die Songs bis zum Refrain zu Bombast-Hymnen, ohne dabei allerdings peinlich zu klingen. Über das ganze Album hinweg behält man die harte, düstere Gangart auch im Refrain bei und zeigt die Zähne. STORAGE 5 fügen mit „Finest Garage Noise“ keine neuen, völlig überraschenden Bausteine oder Erkennt nisse ins Klanguniversum der heutigen Musik ein. Das soll aber bitte nicht falsch verstanden werden, denn ebenso wie auf „Finest Garage Noise“ nichts völlig neu klingt, klingt auch nichts alt, im Sinne von retro, langweilig oder öde, es kommt vielmehr familiär daher. Man trifft einen alten Freund, in diesem Fall „Sound“, nach langen Jahren wieder und es ist so, als sei er nie fort gewesen. www.facebook.com/Storage5 M.D. DEEP’N’HIGH »Sofa Songs« DEEP’N’HIGH, das sind Thomas Dirr, der verantwortlich ist für das fantastische Bassspiel, und die Sängerin Claudia Kocian. Wie sehen DEEP’N’HIGH musikalisch auf ihrem Debüt „Sofa Songs“ unsere Welt? Dunkel ist es in dieser Welt, dunkel und verwunschen. Manchmal dringt fahles Licht durch die Löcher am Himmelszelt. Sie nennen es Sterne. In Wahr - heit aber ist nur das nachtschwarze Leichentuch von Motten zerfressen. Es liegt von Anbeginn über der Welt, weil alles, alles sterben muss. Sogar die Motten. Die ewige letzte Frage bleibt allerdings, wer das Licht am Ende von allem abdreht. Der Opener „Love In Every Season“ spiegelt dies alles in musiker MAGAZIN 1/2015

CD-REZENSIONEN 61 3:40 Minuten wider, aber diese Stimme von Claudia ist der Gegenpol zu diesem fast schon traurigen Gefühl, das sich unfreiwillig bei einem einschleicht. Claudia Kocian schwebt dabei wie ein Geist durch die Songs und haucht dem Hörer immer wieder gespenstische Zeilen ins Ohr. Nach der Qualität des dargebotenen Materials hätte sich ein Wag nerianischer Wahnwitz-Abschluss mit Pauken und Trompeten zwar angeboten, ist aber nicht zwingend notwendig. http://deepnhigh.de M.D. CINEMA »Loopings« Jürgen Krutzsch ist schon lange im Musikgeschäft. Bereits in den 70ern war er Gitarrist der Krautrockband Tibet. Aber wie viele seiner Musikerkollegen haben sich ehemalige Kraut rock musiker im Laufe der Zeit der elektronischen Musik zu gewandt. Jetzt mit „Loopings“, das er zusammen mit seiner Freundin Brigitte Grafe aufgenommen hat, bringt er uns ein Album, das man als eine Art Soundtrack betrachten kann. Loops und Keyboards, mit leichten Gitarrenlängen, beherrschen hier das Geschehen. Wenn man sich auf die Musik einlässt, kommt es einem vor, als fliege man wie in einem Rausch über unendliche Landschaften. Sanfte Beats, stoisch wiederholte Synthie-Loops, beschwörend und von unvergleichbarer, hypnotischer Intensität werden einem hier ins Ohr geflößt. So ist man schließlich erschlagen, aber stolz, diesen Berg erklommen zu haben. Von seinem Gipfel aus wirkt der Horizont größer, die Welt zwar nicht verständlicher, aber klarer und besser erträglich, und schließlich er - kennt man: Weit und breit ist kein zweiter Berg in Sicht, dessen Höhe sich auch nur annähernd mit „Loopings“ messen lassen könnte. brokensilence.de/kuenstler/detail/?artist=cinema&i=367 INGO HÖRICHT & MICHAEL BERGER »Moments Aimés« M.D. Ingo Höricht an der Violine und Michael Berger am Piano und heraus kommt „Moments Aimés“, was so viel wie „Ge- liebte Momente“ heißt. Hierzu braucht man keinen Gesang, nein, der würde diese einzigartige Atmosphäre nur zerstören. Hier lässt man sich von den beiden Meistern und ihrer verträumten Musik einfach nur tragen. Musikliebhaber des gepflegten Klangs werden ihre helle Freude an Stücken wie „Impromptu“ oder dem wohl schönsten Stück des Albums „Collegato“ haben. Welche Wirkung und welche Farbigkeit die Musik von des Duos nun hat, lässt sich sicherlich nicht allgemein beantworten, sondern muss von jedem Einzelnen in Erfahrung gebracht werden. Die wunderschönen Klavier - melodien und die mit viel Gefühl gespielte Violine, die sich zu einem immer größer werdenden, in sich stimmigen Sound zusammenwälzen, tragen einen einfach nur davon. Die Wir - kung auf der Gefühlsebene ist ihnen jedenfalls schon sicher, Gänsehaut bleibt beim Hören von „Moments Aimés“ nicht aus. Keine Ahnung, ob die Musikwelt auf „Moments Aimés" gewartet hat. Eins ist aber schon mal sicher: Ohne diese Platte wäre sie auf jeden Fall ein ganzes Stück bornierter. www.ingo-hoericht.de M.D. 8

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