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Musiker Magazin 01/2015

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CLUESO: "Stadtrandlichter" – Ein Bauchalbum, keine Kopfplatte

38 STORIES Scott

38 STORIES Scott McKenzie, Phil Ochs, Buffy Sainte-Marie und John Sebastian, und auch auf Größen wie Arlo Guthrie, Taj und Neil Young. Die Rolling Stones hatten Cooder, der mit ihnen einige Stücke einspielte, schon als Ersatz für Brian Jones im Auge. Beginnend mit seinem Solo-Debüt erwies Cooder sich als kundiger Interpret höchst unterschiedlicher Songs, die er durch seine Bear bei - tung und seine Virtuosität gleichsam zu neuer Musik werden ließ. Seien es Songs aus der USamerikanischen Depressionszeit über Menschen, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen, seien es Tex-Mex-Stücke, für die Cooder besonders bekannt ist, oder eben auch der Blues – überallhin entführt Cooder, und man geht mit ihm ziemlich sicher auf eine musikalische Erlebnisreise. Das Hurra-Lied „Rally ‘Round The Flag“ aus dem US-amerikanischen Sezessionskrieg erfährt auf Cooders Album „Boomer’s Story“ (1972) eine besonders ergreifende Bearbeitung: Die gebrochenen Helden sind müde geworden, und so wird der Text gleichzeitig ironisch gebrochen. Wenn Cooder mit seiner Band und seinem Sänger Terry Evans „Down In Mississippi“ live spielt, entsteht das Blues-Delta, wie es kaum erdiger und intensiver nachempfunden werden kann. Be glei - tet Cooder seinen Akkordeon-Spieler Flaco Jimenez auf dessen Solo-Ausflügen in die Sphäre der Polka, kommt alles andere als eine Gassen - hauer-Vorstellung heraus. Auf zwei Alben mit dem hawaiianischen Slack-Key-Gitarristen Gabby Pahinui von 1976 ist Cooder ebenso zu Hause, genauso auf den Feldern afrikanischer, indischer und japanischer Musik! Und es läuft einem schlicht ein Schauer den Rücken herunter, wenn Cooder mit unglaublicher Intensität und unterstützt von seinem Gesangstrio Terry Evans, Bobby King und Arnold McCuller oder Eldridge King Songs wie „One Meet Ball“ und „The Dark End Of The Street“ interpretiert oder solo Woody Guthries „Vigilante Man“. Aber auch Experimenten geht er nicht aus dem Weg, wie das sicherlich ge wöh - nungsbedürftige Album „Fascinoma“ des Trom - peters und Fusion-Musikers Jon Hassell aus dem Jahr 1999 belegt. Zwei Songs haben es Cooder besonders angetan, denn er hat sie immer wieder neu ge - staltet: „Jesus On The Mainline“ und „Crazy ’bout An Automobile“. Auf Cooders Album „Paradise And Lunch“ (1974) meint man bei „Jesus On The Mainline“, die Heilsarmee zu hören, und dann, in Konzerten, wird das Stück zu einer emotionalen Slide-Übung par excellence. Ein sehr schönes Beispiel ist auf dem Live-Album „Showtime“ (1977) zu finden, das überhaupt einen wunderbaren Einblick in Cooders Bühnen auf - tritte gibt, unter anderem mit einer atemberaubenden Slide-Version von „The Dark End Of The Street“. Der Rock’n’Roller „Crazy ’bout An Automobile“ kommt mal in rauer Schale daher, sei es solo oder in voller Band-Besetzung (so zum Beispiel 1992 furios mit der All-Star-Band Little Village), und mal als Tour-de-force-Stück, in dem sämtliche musikalischen Register gezogen werden und der Refrain nacheinander elektrisierend von Tenor, Bariton und Bass ge sungen wird. Diese Version lässt den Zuhörer nur schwer los. Leider ist sie nur auf dem als Promo-LP er - schienenen Album „Borderline“ von 1980 zu finden, das auch wunderschöne Live-Ver sio nen von „Teardrops Will Fall“ und „Why Don't You Try Me Tonight“ enthält. Ich glaube, es lässt sich erahnen, welche Band breite Cooders umfangreiches Werk besitzt und das sich daher in einem Artikel nicht er - schöpfend umreißen lässt. Ein Album-Titel er - scheint mir besonders kennzeichnend für das, was diese Musik dem Zuhörer beschert: „Chicken Skin Music“ (1976), mit einem fröhlichen Posada-Skelett auf dem Cover, das sich gerade mit einer üppigen Schönen vergnügt. Gänse haut pur! Die musikalische Vielfalt dieses Albums ist enorm und berührend zugleich: Neben Blues, Hawaii-Musik und einer Jukebox-At mo - sphäre, wie Cooder sie in dem Song „He’ll Have To Go“ lebendig werden lässt, eine absolut fantastische Version des Ben-E.-King-Hits „Stand By Me“. Mit anderen Worten: mitten drin im musikalischen Abenteuer – „Smack Dab In The Middle“. Auch von dem eher verkannten Album „Jazz“ wird man spätestens nach mehrfachem Hören kaum noch loskommen, besonders nachhaltig wirkt Cooders Bearbeitung von „Nobody“. Als Cooder 1987 mit „Get Rhythm“ für lange Zeit sein für viele Jahre letztes Album mit be - währten Band-Mitgliedern vorlegte und mit den Moula Banda Rhythm Aces eine letzte Tournee bis ins Jahr 1988 unternahm, war dies für die Freunde seiner Musik ein geradezu schmerzlicher Einschnitt. Leider gibt es aus der Zeit bis dahin nur wenige offiziell gefilmte Zeugnisse auf Videokassetten oder auf DVD, immerhin Aus - schnitte aus Cooders Rockpalast-Konzert in der Hamburger Markthalle von Anfang 1977. Untätig blieb Cooder freilich nicht. Schon früh hatte er begonnen, Filmmusiken zu schreiben, zu arrangieren und einzuspielen. Dabei sind ihm Sound - tracks gelungen, die auch als eigenständige Alben funktionieren, die aus der Hand zu legen schwerfällt. Zwei herausragende sind „The Border“ von 1981 und „Crossroads“ (1986). Den Song writer John Hiatt, der mit Cooder als zweiter Gitarrist auf der Tournee zum Album „Borderline“ (1980) unterstützt hatte, begleitete er gemeinsam mit dem Bassisten Nick Lowe und der Drummer Jim Keltner auf dessen 1987er- Album „Bring The Family“, das mit hervorragenden Songs bestückt ist. Unter die Haut geht vor allem „Alone In The Dark“ durch Cooders absolut erdige Slide-Gitarre – was auch zu den Höhe - punkten bei Live-Auftritten der vier Musiker als Little Village zählte. Über die Jahre hat Cooder einige politisch-kritische Konzeptalben produziert, zuletzt „Election Special“ von 2012. Der Gitarrist war außerdem weiterhin ein gefragter Gastmusiker oder produzierte Alben anderer Künstler. Darunter finden sich einige ausgezeichnete Beispiele von Blues und Rhythm and Blues, denen Cooder auch mit seiner Gitarre besonderes Flair verliehen hat, ganz besonders auf einigen Alben seines Background-Baritons Terry Evans: „Puttin’ It Down“ (1995), „Come To The River“ (1997) und „Walk That Walk“ (2000). 2013 erschien dann sogar der Mitschnitt „Live In San Francisco“ – ein Konzert, mit dem seine Fans schon gar nicht mehr gerechnet hatten. Umso größer die Freude, dass Cooder mit seiner Band Corridos Famosos in aller Frische an seine Live- Auftritte der 1980er-Jahre anknüpfte. Womit wird er als Nächstes überraschen? (ES FOLGT: „CANNED HEAT – BOOGIE ON“) TEXT: DR. NORBERT APING FOTOS: SUSAN TITELMAN; WARNER MUSIC DR. NORBERT APING Geboren 1952, Buchautor und Leiter des Amtsgerichts in Buxtehude. musiker MAGAZIN 1/2015

STORIES 39 ÖTTEBAND – »Als wenn das alles wär« Hart, rockig, brachial, aber manchmal auch mit viel Gefühl in der rauen Seele Die ÖTTEBAND, gegründet 1997, kann auf eine erfolgreiche und bewegende Bandgeschichte zurückblicken, die im Jahr 2007 zunächst zu Ende ging. Das Comeback 2013/2014 … Sieben Jahre nach dem letzten Studioalbum und fünf Jahre nach dem tränenreichen Ab schieds - konzert kehrt die ÖTTEBAND 2013 mit neuen Songs zurück. Markus „Scholle“ Scholz (bass), Jan „Jey Pee“ Purfürst (git) und Ötte (voc) trommeln die Band zusammen, heuern mit Dave Groewer einen ambitionierten Rock’n’Roll-Drummer an und wagen das Comeback. Deutsch sprachige Rockmusik mit Themen aus dem Leben, mit sehr viel persönlicher Note und klaren Bekenntnissen. Rock’n’Roll mit Schmackes, Gitarrenriffs mit Eiern, eine Stimme mit Charisma und Wiedererkennungsnote sowie krachende Bass & Drum Grooves für Bauch, Beine und Seele. natürlich gefreut. Aber noch mehr haben wir uns über den persönlichen Anruf von eurem „Mastermind“ Ole Seelenmeyer gefreut. Ihm scheint ja das Album wirklich sehr gut zu gefallen, wie er mir versicherte. MM: Fünf Jahre nach eurem Abschiedskonzert seid ihr im vergangenen Jahr mit einem neuen Album auf die Bühne zurückgekehrt. Wie kam es dazu? ÖTTE: Wie schon angedeutet, hatten wir über Facebook Kontakt gehalten. Und irgendwann haben wir uns die ersten Songfetzen und Texte hin- und hergeschickt. Dann war der Prozess nicht mehr aufzuhalten. Der Spaß an der ÖTTEBAND war zurückgekehrt. MM: Ötte, eure Band gibt es seit 18 Jahren. Wie habt ihr es geschafft, derart lange am Ball zu bleiben? ÖTTE: Hey, krasse Frage. Aber ganz so alt sind wir ja doch nicht. Wir haben uns 2007, also nach zehn recht bewegten und erfolgreichen Jahren, aufgelöst. Die Luft war einfach raus. Zwischenzeitlich hatten wir aber immer Kontakt gehalten, und es stand für uns fest, dass wir eines Tages noch einmal unter der ÖTTEBAND-Flagge eine CD aufnehmen werden. Das Come - back jahr ließ sich auch super an. Wir hatten tolle Auftritte und last but not least konnten wir ja beim Deutschen Rock & Pop Preis den ersten Platz in der Kategorie bestes CD-Album deutschsprachig belegen. Das hat uns MM: Ihr könnt auf zahlreiche Auftritte in Clubs und bei großen Events wie dem DFB-Pokal-Finale zurückblicken und bezeichnet euch als Partyrockband. Was macht für euch das Besondere bei einem Live- Auftritt aus? ÖTTE: Die Zeit als Partyband ist eigentlich lange vorbei. Man sollte wissen, dass wir zu Beginn deutsche Rock- und Party-Songs auf „links“ gedreht und diese feucht-fröhlich verrockt haben. Dieses Konzept ging schnell auf und so kamen wir meist über Empfehlungen auch auf größere Bühnen. Bei uns war der Drang allerdings zu eigener Musik größer und irgendwann hing uns diese Partynummer gehörig zum Hals raus. Leider sind wir nie so 8 1/2015 musiker MAGAZIN

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